Abschnitt XXVI. Landwirthschaftskammern. 1253
Berufsstandes der Landwirthe zu fördern. Auch haben sie das Recht, selb-
ständige Anträge zu stellen.
Die Landwirthschaftskammern haben ferner die Verwaltungsbehörden bei
allen die Land= und Forstwirthschaft betreffenden Fragen durch thatsächliche
Mittheilungen und Erstattung von Gutachten zu unterstützen. Sie haben nicht
nur über solche Maßregeln der Gesetzgebung und Verwaltung sich zu äußern,
welche die allgemeinen Untereffen der Landwirthschaft oder die besonderen land-
wirthschaftlichen Interessen der betheiligten Bezirke berühren, sondern auch bei
allen Maßnahmen mitzuwirken, welche die Organisation des ländlichen Kredits
und sonstige gemeinsame Aufgaben betreffen.
Die Landwirthschaftskammern haben außerdem den technischen Fortschritt
der Landwirthschaft durch zweckentsprechende Einrichtungen zu fördern. Zu
diesem Zwecke sind sie namentlich befugt, die Anstalten, das gesammte Ver-
mögen, sowie die Rechte und Pflichten der bestehenden landwirthschaftlichen
Centralvereine auf deren Antrag zur bestimmungsmäßigen Verwendung und
Verwaltung zu übernehmen und mit deren bisherigen lokalen Eliederungen
ihrerseits in organischen Verband" zu treten, sowie sonstige Vereine und Ge-
nossenschaften, welche die Förderung der landwirthschaftlichen Verhältnisse zum
Zwecke haben, in der Ausführung ihrer Aufgaben zu unterstützen.
Den Landwirthschaftskammern wird nach Maßgabe der für die Börsen
und Märkte zu erlassenden Bestimmungen eine Mitwirkung bei der Verwaltung
und den Preisnotirungen der Produktenbörsen, sowie der Märkte, insbesondere
der Viehmärkte, übertragen.
§. 3. Die Errichtung einer Landwirthschaftskammer erfolgt durch König-
liche Verordnung auf Grund von Satzungen, welche den Vorschriften dieses
Gesetzes entsprechen. Aenderungen der Satzungen bedürfen, soweit die Königliche
Verordnung nicht etwas Anderes bestimmt, der Königlichen Genehmigung. Die
Satzungen, sowie Aenderungen derselben sind durch den „Staats-Anzeiger“ zu
veröffentlichen.
Die Landwirthschaftskammer hat als ersten Gegenstand ihrer sachlichen
Verhandlungen die Satzungen durchzuberathen.
§. 4. Die Satzungen müssen innerhalb der durch dieses Gesetz gegebenen
Vorschriften Bestimmungen enthalten über:
den Sitz der Landwirthschaftskammer:;
das nach dem Grundsteuer-Reinertrag anzugebende Mindestmaß des zum
passiven Wahlrecht berechtigenden Grundbesitzes;
.#die Zahl der Mitglieder und ihre Vertheilung auf die Wahlkreise;
-die Reihenfolge des Ausscheidens der warns
*—
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4
5. die für die Beschlußfähigkeit erforderliche Zahl der Mitglieder;
6. die Wahl und die Zusammensetzung des Vorstands, die Befugnisse des
Vorstands und des Vorsitzenden;
7. die Form für die Legitimation des Vorstands und seiner Mitglieder;
8. die Voraussetzungen und die Form für die Zusammenberufung der
Landwirthschaftskammer:;
9. die Bezeichnung der Gegenstände, welche der Beschlußfassung der Land-
wirthschaftskammer vorbehalten bleiben;
10. die Form der Bekanntmachungen;
11. das Verfahren bei Aenderungen der Satzungen.
8. 5. Die Mitglieder der Landwirthschaftskammer werden gewählt. Vor-
aussetzung des passiven Wahlrechts ist die Angehörigkeit zu einem deutschen
Bundesstaat und ein Alter von mindestens 30 Jahren.
Vom Wahlrecht sind ausgeschlossen: ç
1. Personen, welche nicht im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte sind");
2. Personen, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet ist, oder deren
Grundstück der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung unter-
iegen.
E — ·—— · ·
1) Vergl. §§. 32—34 R. Sir. G. B.