1400 Abschnitt XXX. Gewerbegerichte.
Monaten zu ertheilen. Die Entscheidung, durch welche die Genehmigung versagt.
wird, muß mit Gründen versehen sein. Z
Mehrere Gemeinden können sich durch übereinstimmende Ortsstatuten zur.
Errichtung, eines gemeinsamen Gewerbegerichts für ihre Bezirke vereinigen.
Für die Genehmigung der übereinstimmenden Ortsstatute ist die höhere Ver-
waungepehörde ) zuständig, in deren Bezirk das Gewerbegericht seinen Sitz
aben soll.
Imgleichen kann ein Gewerbegericht für den Bezirk eines weiteren Kommunal=
verbandes?) errichtet werden. Die Errichtung erfolgt in diesem Falle na
Maßgabe der Vorschriften, nach welchen Angelegenheiten des Verbandes statu-
tarisch geregelt werden. Die Zuständigkeit eines solchen Gerichts ist ausge-
schlossen, soweit die Zuständigkeit eines für eine oder mehrere Gemeinden des.
Bezirks bestehenden oder später errichteten Gewerbegerichts begründet ist.
Die Errichtung kann auf Antrag betheiligter Arbeitgeber oder Arbeiter
durch Anordnung der Landes-Centralbehörde erfolgen, wenn unbeachtet einer
von ihr an die betheiligten Gemeinden oder den weiteren Kommunalverband
ergangenen Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist die Errichtung auf dem
im Abs. 2 bis 4 vorgesehenen Wege nicht erfolgt ist. Alle Bestimmungen,
welche dieses Gesetz dem Statute vorbehält, erfolgen in diesem Falle durch die
Anordnung der Landes-Centralbehörde ?).
Vor der Errichtung sind sowohl Arbeitgeber als Arbeiter der hauptsäch-
lichen Gewerbezweige und Fabrikbetriebe in entsprechender Anzahl zu hören.
§. 2. Als Arbeiter im Sinne dieses Gesetzes gelten diejenigen Gesellen,
Gehülfen, Fabrikarbeiter und Lehrlinge, auf welche der siebente Titel der
Gewerbeordnung Anwendung findet?).
Imgleichen gelten als Arbeiter im Sinn dieses Gesetzes Betriebsbeamte,
Werkmeister und mit höheren technischen Dienstleistungen betraute Angestellte,
deren Jahresarbeitsverdienst an Lohn oder Gehalts) zweitausend Mark nicht
übersteigt.
§. 3. Die Gewerbegerichte sind ohne Rücksicht auf den Werth des Streit-
gegenstandes zuständig für Streitigkeiten:
1. über den Antritt, die Fortsetzung oder die Auflösung des Arbeitsver-
hältnisses, sowie über die Aushändigung oder den Inhalt des Arbeits-
buches oder Zeugnisses,
2. über die Leistungen und Entschädigungsansprüche aus dem Arbeits-
verhältnisse, sowie über eine in Beziehung auf dasselbe bedungene Kon-
ventionalstrafe,
3. über die Berechnung und Anrechnung der von den Arbeitern zu leisten-
den Krankenversicherungsbeiträge (8§. 53 a, 65, 72, 73 des Krankenver-
% 15. Juni 1883 *
sicherungsgesetzes vom — (R. G. Bl. S. 417),
4. über die Ansprüche, welche auf Grund der Uebernahme einer gemein-
samen Arbeit von Arbeitern desselben Arbeitgebers gegen einander er-
hoben werden.
Streitigkeiten über eine Konventionalstrafe, welche für den Fall bedungen
ist, daß der Arbeiter nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein solches bei
1) Der Bezirksausschuß, Ausf. Bek. III.
:) Das sind: Provinzialverbände, kommunalständische Verbände der Regierungs-
bezirke Kassel und Wiesbaden, Kreisverbände, in Hohenzollern der Landeskommunal-
verband und die Oberamtsbezirksverbände, Ausf. Bek. I. in der Rheinprovinz und
Westfalen auch die Bürgermeistereien, bezw. Aemter, Bek. 9. Jan. 1891, I.
3) D. i. die Landesregierung im Gegensatze zur Laudesgesetzgebung, d. h. die zu-
ständigen Minister. Ausnahme §. 57 Abs. 6.
*!) Daher gehören nicht hierher vor Allem land= und forstwirthschaftliche Arbeiter,
auch Gärtner; häusliche Dienstboten; Sänger, Schauspieler, Ballettänzer, Orchester-
musiker, E. Civ. XVII. 86. Handlungsgehülfen und Lehrlinge sind, obwohl der
VII. Tit. R. Gew. O. auf sie theilweise Anwendung findet, im §. 76 des Ges. aus-
drücklich ausgenommen.
5) Dazu gehören anch Tantièmen und Naturalbezüge.