Abschnitt XXX. Pfandleihgewerbe. 1419
Gesetz vom 17. März 1881, betreffend das Pfandleihgewerbe).
(G. S. S. 265.)
§. 1. Der Pfandleiher (§§. 34, 38 der Gew. O. vom 21. Juni 1869,
B. G. Bl. S. 245 in der durch das Gesetz vom 23. Juli 1879, R. G. Bl.
S. 267 bestimmten Fassung) darf sich an Zinsen nicht mehr ausbedingen
oder zahlen lassen als: a) zwei Pfennig für jeden Monat und jede Mark von
Darlehnsbeträgen bis zu Dreißig Mark, b) einen Pfennig für jeden Monat
und für jede den Betrag von Dreißig Mark übersteigende Mark.
Der Pfandleiher kann zugleich ausbedingen, daß an Zinsen mindestens?)
der Betrag für zwei Monat gezahlt werden müsse.
§. 2. Bei der Berechnung der Zinsen kommen folgende Vorschriften zur
Anwendung: 1. der Tag der Hingabe des Darlehns wird nicht mitgerechnet;
2. die Monate werden von dem auf den Darlehnstag (zu 1) folgenden Tage
bis zu dem ziffermäßig dem Darlehnstage entsprechenden Tage des letzten
Darlehnsmonats, bei dem Fehlen dieses Tages bis zum letzten Tage des letzten
Monats berechnet; 3. jeder auch nur angefangene Monat wird als ein voller
Monat berechnet; 4. läuft der Gesammtbetrag der Zinsen in einen Bruchpfennig
aus, so wird dieser auf einen vollen Pfennig abgerundet.
§. 3. Das Ausbedingen oder Annehmen jeder weiteren Vergütung für
das Darlehn oder für die Aufbewahrung und Erhaltung des Pfandes, sowie
das Vorausnehmen der Zinsen ist verboten.
Was von dem Schuldner oder für ihn über das erlaubte Maß geleistet
ist, muß von dem Pfandleiher zurückgewährt und vom Tage des Empfangs
ab verzinst werden.
Das Recht der Rückforderung verjährt in fünf Jahren seit dem Tage, an
welchem die Leistung erfolgt ist.
§. 4. Die Fälligkeit des von einem Pfandleiher gegebenen Darlehns
tritt nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dessen Hingabe ein. Entgegen-
stehende Verabredungen sind nichtig.
§. 5. Der Pfandleiher erwirbt ein Pfandrecht an den ihm übergebenen
Gegenständen erst dadurch, daß er das Geschäft in ein über alle solche Ge-
schäfte nach der Zeitfolge derselben zu führendes Pfandbuch einträgt.
Die Eintragung muß enthalten: 1. eine laufende Nummer, 2. Ort und
Tag des Geschäfts, 3. Vor= und Zunamen des Verpfänders), 4. den Betrag
1) Das Gesetz findet auch auf Rückkaufshändler Anwendung, Drucks. H. H.
1880/81 Bd. I. Nr. 5 S. 9. Der Betrieb des Pfandleihgewerbes ist nicht zu er-
blicken in dem Verkaufe von Waaren unter Kreditirung des Kaufpreises und Pfand-=
bestellung für letzteren, E. Crim. XII. 217. Ob der Pfandleiher sein Gewerbe unter
öffentlicher Kontrolle oder nur offenkundig betreibt, ist für die Bestrafung aus §. 290
R. Str. G. B. gleichgültig. Dagegen ist die Ueberschreitung des im §. 1 gestatteten
Zinsfußes an und für sich nur bei denjenigen Pfandleihern und Rückkaufshändlern
strafbar, die die gesetztich erforderliche Erlaubniß zum Gewerbebetriebe besitzen. Fehlt
letztere, so ist §. 147, 1 R. Gew. O., ev. K. O. 11. Juni 1826 (G. S. S. 61)
und Ges. 3. Juli 1876 (G. S. S. 247) §. 17 anwendbar, E. Crim. VIII. 283.
Auch kann der Thatbestand des Wuchers vorliegen, E. Crim. XXIII. 122.
2) Die Prolongation eines Pfandleihgeschäftes stellt sich ihrer rechtlichen Natur
nach nicht als ein neues selbständiges Darlehnsgeschäft dar, sondern ist, da sie nur
eine Modifikation des ursprünglich für die Rückzahlung des gewährten Darlehns ver-
einbarten Termins zum Zwecke hat, als bloße Stundung des früher gegebenen Dar-
lehens anzusehen. Ein Pfandleiher ist nur bei Abschluß, nicht aber bei Prolongation
eines Pfandleihgeschäftes befugt, sich auszubedingen, daß an Zinsen mindestens der
Betrag für zwei Monate gezahlt werden müsse und macht sich, wenn er dem entgegen-
handelt, strafbar, Erk. 9. Juni 1887 (E. K. VII. 234).
3) Auch Stand und Wohnung, E. K. V. 235.