Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

246 Abschnitt III. Disziplinargesetz. 
  
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Zu Anmerkung 1 auf S. 245. 
diese Mißbräuche abzustellen und zu veranlassen, daß die Departements-Chefs nicht 
nur ihren untergeordneten Behörden und Beamten die im Interesse des Dienstes 
unerläßliche Verschwiegenheit wiederholend und ernstlich einschärfen, sondern auch die 
geeigneten Anordnungen treffen, um die genaue Beobachtung derselben zu sichern und 
die Propagation amtlicher Verhandlungen zu verhindern. Die Departements-Chefs 
haben auf die Befolgung dieser für die Beamten aller Kategorien geltenden Vorschrift 
mit Erust und Sorgfalt zu halten, die Beamten, welche dieselbe verletzen, unnach- 
sichtlich zur Verantwortung und Bestrafung zu ziehen und Mir anzuzeigen, damit 
sie, dem Befinden nach, neben der verwirkten Strafe, ohne Pension aus dem 
Dienste entfernt werden. Vergl. K. O. an das Staatsministerium 22. März 1845 
und Cirk. Erl. 6. Juni 1845. 
Die Strafen, welche mittelbare oder unmittelbare Staatsbeamte durch unter- 
lassene Verwendung des tarifmäßigen Stempels zu Amtshandlungen verwirken, find 
nicht von dem Produzenten der Verhandlung, an der die Kontravention be- 
gangen ist, einzuziehen. Beamte, welche bei ihren amtlichen Verhandlungen die tarif- 
mäßigen Stempel nicht verwenden, werden von der ordentlichen Stempelstrafe nicht. 
betroffen, sondern sind, sofern nicht nach Art des Vergehens wegen verletzter Amts- 
pflicht eine höhere Strafe eintritt, nur mit Ordnungsstrafe zu belegen, welche auf 
den einfachen Betrag des nicht verwendeten Stempels und für den Fall, daß der- 
selbe die Summe von 50 Thlr. übersteigt, auf letzteren Betrag festzusetzen ist, sofern. 
nicht der betreffende Minister die Ermäßigung oder Niederschlagung der Strafe ge- 
nehmigt. Hinsichtlich der Verhaftung der Beamten für die Stempel, deren Verwendung 
sie bei ihren amtlichen Verrichtungen verabsäumen, verbleibt es bei den bestehenden 
Vorschriften, K. O. 28. Okt. 1836 (G. S. S. 308). Diese Bestimmung wird 
durch §. 19 Stempelsteuerges. 31. Juli 1895 wiederholt. Die in Rede stehenden 
Stempelstrafen sind in den Stempelstraflisten zu verrechnen, Res. 22. Okt. 1842 
(M. Bl. S. 295). 
Die nach der K. O. 28. Okt. 1836 gegen Beamte wegen unterlassener Ver- 
wendung des tarifmäßigen Stempels festzusetzende Ordnungsstrafe ist bei einer Mehr- 
zahl von Fällen für jeden einzelnen Fall besonders zu bemessen, Erk. O. Trib. 
24. Okt. 1876 (E. B. 78 S. 279). 
Eine auf Grund der A. O. 28. Okt. 1836 gegen einen Beamten festgesetzte 
Strafe hat nicht den Charakter einer Disziplinarstrafe, sondern den einer Stempel- 
strafe, Erk. 1. Aug. 1883 (E. O. V. XIV. 409). 
Wenn Beamte sich in Amtssachen einer Postkontravention durch mißbränchliche 
Anwendung der portofreien Rubrik schuldig machen, so sind sie im Wege der Disziplin 
zu bestrafen, Res. 16. Jan. 1854 (M. Bl. S. 22). 
Polizeiübertretungen, welche von Beamten begangen werden, sind nicht 
durch die Disziplinarbehörde, sondern in derselben Weise, wie alle übrigen Polizei- 
übertretungen, durch die kompetente Behörde zu bestrafen, Res. 10. Dez. 1842 (M. 
Bl. S. 420). 
Die sonst lobenswerthe Führung eines Beamten kann niemals Veranlassung 
werden, seine Ueberschreitungen im Dienst, den verletzten Privatpersonen gegenüber 
milder zu beurtheilen. — Die Vorenthaltung der schuldigen Genugthuung würde 
dazu dienen, die Autorität des einzelnen Beamten wie der Behörde, durch das 
schwindende Vertrauen auf die Unparteilichkeit der letzteren zu erschüttern, Res. 22. Juli 
1842 (M. Bl. S. 260). 
Die Frage, ob bei einer Disziplinar-Untersuchung gegen einen Beamten an 
dessen Verhalten vor Uebernahme seines Amtes in Betracht gezogen werden 
darf, ist zu bejahen, vergl. Erk. 19. Okt. 1878 (I. 1206) und 14. Sept. 1863 (J. 
M. Bl. S. 243). 
Doch sollen Handlungen, die ein Beamter vor dem ersten Eintritte in die Be- 
amtenstellung begangen hat, nicht den selbsgändigen Gegenstand eines Disziplinar. 
verfahrens bilden, E. O. V. XXII. 423. Anderer Meinung Seydel S. 42ff. 
Die in der Nichtbefolgung eines dienstlichen Auftrages enthaltene Pflichtverletzung 
erscheint dann nicht strafbar, wenn der Auftrag Handlungen betrifft, die außerhalb
	        
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