Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt III. Disziplinargesetz. 251 
2. in Dienst-Entlassung. — Diese Strafe zieht den Verlust des Titels!) 
und Pensionsanspruches?) von selbst nach sich; es wird darauf nicht be- 
sonders erkannt, es sei denn, daß vor Beendigung des Disziplinarver- 
fahrens aus irgend einem von dessen Ergebniß unabhängigen Grunde 
das Amtsverhältniß bereits aufgehört hat und daher auf Dienstent- 
lassung nicht mehr zu erkennen ist). 
Gehört der Angeschuldigte zu den Beamten, welche einen Anspruch 
auf Pension haben, und lassen besondere !) Umstände eine mildere Beur- 
theilung zu, so ist die Disziplinarbehörde ermächtigt, in ihrer Entschei- 
dung zugleich festzusetzen, daß dem Angeschuldigten ein Theil des regle- 
mentsmäßigen Pensionsbetrages auf Lebenszeit oder auf gewisse Jahre 
als Unterstützung zu verabreichen seis). 
  
1!) Der Verlust des Titels tritt auch für Lehrer ein; sie verlieren das Recht, in 
amtlichen Erlassen als Lehrer bezeichnet zu werden, Res. 12. Jan. 1860 (M. Bl. S. 27). 
:) Das Gehalt ist im Falle der Dienstentlassung bis zum Ablauf des Monats 
zu zahlen, in welchem das Erkenntniß die Rechtskraft erlangt, Res. 27. Febr. 1865 
(M. Bl. S. 149), 9. Dez. 1882 und 17. Jan. 1883 (M. Bl. 1883 S. 7 und 22). 
Vergl. auch Res. 4. Juli 1884 (M. Bl. S. 160). 
2) Z. B. durch Zeitablauf oder Amtsniederlegung, auch bei ehrenamtlichen Stellen, 
z. B. als Mitglied des Kreisausschusses. Doch darf der abgehende Beamte seinen 
Posten nicht eher verlassen, als bis wegen Wiederbesetzung oder einstweiliger Ver- 
waltung verfügt worden ist; E. O. V. X. 370. 
4) Darin, daß ein Beamter bis zu seiner Entlassung einen unbescholtenen Lebens- 
wandel geführt hat, daß er wesentlich nur durch seinen nicht verschuldeten Vermögens- 
verfall verleitet worden ist, unredlichen Gewinn zu suchen, und daß, obleich seine 
Leistungen bei seiner persönlichen Unfähigkeit stets mangelhaft gewesen, ihm wenigstens 
das Zeugniß des Fleißes und des guten Willens nicht zu versagen ist, können be- 
sondere Umstände im Sinne des §. 10 Nr. 2 nicht gefunden werden, Res. 10. Aug. 
1854 (M. Bl. S. 161). 
5) Eine Unterstützung nach §. 16 Nr. 2 ist als eine vom Gesetze nur ausnahms- 
weise zugelassene Erleichterung der Lage des zur Dienstentlassung verurtheilten Be- 
amten zu betrachten und daher namentlich überall da nicht für gerechtfertigt zu 
erachten, wo der letztere sich einer solchen ausnahmsweisen Rücksichtnahme unwürdig 
gezeigt hat. Dies wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Verurtheilte 
durch die ihm zur Last fallenden Vergehungen einen Mangel an ehrliebender Ge- 
sinnung an den Toag gelegt hat 
Es bleibt aber ferner auch zu beachten, daß durch die angeführte Gesetzes-Be- 
stimmung die Disziplinarbehörden nur in den Stand gesetzt werden sollen, einer 
etwaigen, durch die dauernde oder vorläufige Unfähigkeit des entlassenen Beamten 
zu anderweitigem Erwerbe seines Lebensunterhalts verursachten dringenden Hülfs- 
bedürftigkeit Rechnung zu tragen. Hiervon ausgehend, kann es beispielsweise nicht 
für gerechtfertigt erachtet werden, wenn, wie es vorgekommen ist, verhältnißmäßig 
jungen und völlig erwerbsfähigen Beamten erhebliche Bruchtheile der gesetzlichen Pension, 
mitunter sogar auf eine längere Reihe von Jahren bewilligt worden sind, Res. 
23. Dez. 1882 (M. d. J. 1. A. 9193). 
Ein späteres Res. 1. 1 1889 besagt, daß die Entscheidung der Frage, ob 
und in welchem Umfange von der durch obige Vorschrift den Disziplinarbehörden 
ertheilten Ermächtigung Gebrauch zu machen sei, sich lediglich als ein Akt der 
Strafzumessung darstelle und daß die Disziplinarbehörden also nicht befugt seien, 
aus Erwägungen, welche den zu beurtheilenden Disziplinarfall nicht be- 
rühren (3. B. zu hohes Lebensalter, lange Dienstzeit, Familienverhältnisse), dem 
Angeschuldigten einen Theil des Pensionsbetrages als Unterstützung zu gewähren. 
Der mit der Funktion des Staatsanwalts betraute Beamte habe, wenn gegen seinen 
Antrag dem Angeschuldigten, im Widerspruch mit vorstehender Vorschrift, ein Theil 
der Pension auf Lebenszeit zuerkannt, für jedes Mal Berufung einzulegen (M. Bl. 
S. J. 
Wegen der nach §. 31 des Pensionsges. 27. März 1872 (G. S. S. 268) von 
derartigen Unterstützungen zu gewährenden Gnadenmonatsbeträge vergl. Res. 30. Mai
	        
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