Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

298 Abschnitt IV. Staatsangehörigkeit. 
die Zeit eines Krieges oder einer Kriegsgefahr bleibt dem Bundespräsidium 
der Erlaß besonderer Anordnung vorbehalten. 
§. 18. Die Entlassungs-Urkunde bewirkt mit dem Zeitpunkte der Aus- 
händigung den Verlust der Staatsangehörigkeit?. # 
Die Entlassung wird unwirksam, wenn der Entlassene nicht binnen sechs. 
Monaten?) vom Tage der Aushändigung?) die Entlassungs-Urkunde an seinen 
Wohnsitz außerhalb des Reichsgebietes verlegt oder die Staatsangehörigkeit 
in einem anderen Bundesstaate erwirbt. 
§. 19. Die Entlassung erstreckt sich, insofern nicht dabei eine Ausnahme - 
gemacht wird, zugleich auf die Ehefrau und die noch unter väterlicher Gewalts) 
stehenden minderjährigen Kinder. 
§. 20. Deutsche, welche sich im Auslande aufhalten, können ihrer Staats- 
angehörigkeit durch einen Beschluß der Centralbehörde ihres Heimathsstaates 
verlustig erklärt werden, wenn sie im Falle eines Krieges oder einer Kriegs- 
gefahr einer durch das Bundespräsidium für das ganze Reichsgebiet anzu- 
ordnenden ausdrücklichen Aufforderung zur Rückkehr binnen der darin bestimmten 
Frist keine Folge leisten. 
§. 21. Deutsche"), welche das Reichsgebiet verlassen und sich zehn Jahre 
lang ununterbrochen') im Auslandes) aufhalten, verlieren dadurch ihre Staats- 
angehörigkeit?). Die vorbezeichnete Frist wird von dem Zeitpunkte des Aus- 
  
) Bleibt der Entlassene in Deutschland, ohne Angehöriger eines anderen deutschen 
Bundesstaates geworden zu sein, so setzt er sich als Ausländer innerhalb des sechs- 
monatlichen Zeitraums (§. 18 Abs. 2) der Gefahr aus, ausgewiesen zu werden. 
Hat jemand die Entlassung nachgesucht und erhalten, ehe er Staatsangehöriger eines 
anderen Bundesstaates geworden ist, und sucht er die Aufnahme innerhalb des sechs- 
monatlichen Zeitraumes erst nach, so findet nicht §. 8, sondern §. 7 des Ges. auf 
ihn Anwendung, Cahn S. 138 f. 
2:) Was ist unter der binnen 6 Monaten zu bewirkenden „Verlegung des Wohn- 
gets außerhalb des Reichsgebietes zu verstehen?" Erk. 27. Juni 1885 (W. 
XVII. ). 
8) Es empfiehlt sich, diese protokollarisch festzustellen. Heimathscheine oder Staats- 
angehörigleitsausweise sollen dabei zurückgefordert werden, Res. 17. Dez. 1882 (M. 
Bl. S. 317). 
4) Hiernach kann also einer Ehefrau mit Zustimmung ihres Ehemannes die 
Entlassung (und konsequenter Weise auch die Naturalisation) gewährt werden, ohne 
daß gleichzeitig der Ehemann aus der betreffenden Staatsangehörigkeit entlassen wird, 
bezw. in die der Ehefrau gewährte Staatsangehörigkeit mit eintritt. 
5) Die einer Inländerin ertheilte Entlassungsurkunde hat also nicht zur Folge, 
daß ihre ehelichen oder unehelichen Kinder aus dem Unterthanenverbande ausscheiden, 
da ihr eine der väterlichen analoge Gewalt fehlt. 
6) Auch die Mitglieder standesherrlicher Familien und regierender Fürstenhäuser, 
Erk. O. Trib. 14. Juli 1864 (O. R. V. 75) und Cahn S. 149; nicht dagegen 
Deutsche, die in Folge ihrer amtlichen Stellung, im Dienste eines Bundesstaates, im 
Reichs= oder Kolonialdienste sich im Auslande aufhalten. Zu diesen gehören Wahl- 
konsuln nicht, Cahn S. 150. 
7) Eine Unterbrechung ist in jeder Rückreise nach Deutschland zu erblicken, mag 
daselbst ein längerer oder kürzerer Aufenthalt beabsichtigt sein. 
8) Die Schutzgebiete gelten im Sinne des §. 21 als Inland, §. 6 Abs. 3 Ges. 
15. März 1888 (R. G. Bl. S. 71). 
*) Mit dem Verluste der Eigenschaften als Preußischer Unterthan durch 10 jährigen 
unerlaubten Aufenthalt im Auslande hören alle Rechte und Pflichten, welche einem 
Preußischen Unterthan gehören und obliegen, auf und also auch die Verpflichtung zur 
Erfüllung des Militärdienstes, Res. 12. Aug. 1864. 
Haben sie jedoch keine neue Staatsangehörigkeit erworben, oder diese wieder ver- 
loren, und nehmen sie wieder ihren dauernden Aufenthalt in Deutschland, so sind sie 
wieder gestellungspflichtig, vergl. S. 11 R. M. G. 2. Mai 1874 (R. G. Bl. S. 45). 
Durch den Eintritt in das deutsche Heer erwerben sie aber ihre bisherige Staats- 
angehörigkeit nicht wieder. 
In der Wissenschaft und Theorie ist fraglich, ob nur dispositionsfähige oder auch
	        
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