Abschnitt IV. Verpflegung und Auslieferung von Ausländern. 307
soll er als auf seine Naturalisation in den Vereinigten Staaten Verzicht leistend,
erachtet werden #).
Ebenso soll ein in dem Norddeutschen Bunde naturalisirter Amerikaner,
wenn er sich wieder in den Vereinigten Staaten niederläßt ohne die Absicht,
nach Norddeutschland zurückzukehren, als auf seine Naturalisation in Nord-
deutschland Verzicht leistend erachtet werden.
Der Verzicht auf die Rückkehr kann als vorhanden angesehen werden, wenn
der Naturalisirte des einen Theils sich länger als zwei Jahre in dem Gebiete
des anderen Theils aufhält.
Artikel 5. Der gegenwärtige Vertrag tritt sofort nach dem Austausch
der Ratifikation in Kraft und hat für 10 Jahre Gültigkeit. Wenn kein Theil
dem andern 6 Monate vor dem Ablauf dieser 10 Jahre Mittheilung von seiner
Absicht macht, denselben dann aufzuheben, so soll er ferner in Kraft bleiben
bis zum Ablauf von zwölf Monaten, nachdem einer der kontrahirenden Theile
dem anderen von einer solchen Absicht Kenntniß gegeben.
Res. 6. Juli 1868 (M. Bl. S. 200):
Bei Abschluß des zwischen dem Norddeutschen Bunde und den Vereinigten Staaten
von Nordamerika über die Staatsangehörigkeit der Ausgewanderten verabredeten Vertr.
22. Febr. 1868 hat die Absicht vorgewaltet:
daß in Gemäßheit des Artikels 2 dieses Vertrages die durch unerlaubte Aus-
wanderung eines Bundesangehörigen nach den Vereinigten Staaten von Nord-
amerika verübte strafbare Handlung bei einer Rückkehr des Betreffenden in seine
frühere Heimath nach mindestens fünfjähriger Abwesenheit nicht zum Gegen-
stande einer strafrechtlichen Verfolgung gemacht und daß die dieserhalb event.
bereits rechtskräftig erkannte Strafe nicht zur Vollstreckung gebracht werden
soll, wenn der Rückkehrende in Amerika das Heimathsrecht in Gemähheit des
Artikels 1 des gedachten Vertrages erworben hat.
Die Regierungen sind demgemäß angewiesen, in den vorbezeichneten Fällen von
dem Antrage auf Einleitung der Untersuchung, wie überhaupt von jeder Verfolgung
Abstand zu nehmen, sobald der Berreffende den Nachweis zu führen vermag, daß er
naturalisirter Angehöriger der Vereinigten Staaten von Nordamerika in Gemäßheit
des Artikels 1 l. c. geworden ist.
Nach dem Wortlaut des Vertr. 22. Febr. 1868 würde es zulässig sein, ausge-
1) Die nach Erlangung des Nordamerikanischen Bürgerrechts nach Deutschland
zurückkehrenden Deutschen können während des ersten zweijährigen Aufenthaltes ebenso
wie jeder andere Ausländer, ausgewiesen werden. Von dieser Befugniß darf aber
nach völkerrechtlichen Grundsätzen nur aus besonderen Gründen der inneren Staats-
politik Gebrauch gemacht werden, und nach dem anerkannten Zweck des Vertrages
gehört das frühere Militärverhältniß der Ausgewanderten nicht zu den Momenten,
welche bei der Frage der Gestattung des Aufenthaltes während der zweijährigen Frist
des Artikels 4 maßgebend sind. Es würde aus diesem Militärverhältniß und ins-
besondere aus der von dem Ausgewanderten durch die Auswanderung begangenen
Verletzung der Militärpflicht nur in ganz besonderen Fällen ein hinreichender Grund
zur Ausweisung während der in Rede stehenden zweijährigen Frist entnommen werden
können, insbesondere dann, wenn ein absichtlicher Mißbrauch der Bestimmungen
des Vertrages dem zurückgekehrten Auswanderer unzweifelhaft nachzuweisen und
überdies aus der Gestattung längeren Aufenthaltes eine Störung der öffentlichen
Ordnung oder des Friedens im Aufenthalts- oder Heimathsorte des Betreffenden zu
befürchten ist.
Personen, welche nach Artikel 1 fünf Jahre in Nordamerika und dann nach
Artikel 4 zwei Jahre in Deutschland gelebt haben, können, wenn sie demnächst wieder
nach Nordamerika gehen und von dort nach Deutschland zurückkehren, selbstverständlich
auf die Gestattung eines abermaligen ungestörten zweijährigen Aufenthaltes nicht den-
selben Anspruch wie während ihres ersten zweijährigen Aufenthaltes in Deutschland
erheben, da sie nunmehr weder als Nordamerikanische Staatsbürger noch als Angehörige
ihres Deutschen Heimatbsstaates anzuerkennen sind. Vergl. auch Erk. 13. Okt. 1886
(M. Bl. 1887 S. 56).
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