332 Abschnitt V. Armenwesen. Reichsgesetz §. 14.
§. 14. Der Lauf der zweijährigen Frist (§. 10) ruht!) während der
Dauer?) der von einem Armenverbandes) gewährten öffentlichen Unterstützung.
Zu Anmerkung 1 auf S. 331.
Hat aber ein Arbeiter vermöge seines Berufes Jahre lang regelmäßig die sechs
Wochentage an einem bestimmten Orte zugebracht, und war er nur Sonntags oder
von Sonnabend Abend bis Montag früh bei seiner Familie, so ist mangels besonderer
Gründe für eine gegentheilige Annahme (z. B. bei einem zeitlich begrenzten Arbeits-
zweck, W. XIV. 3) der Arbeitsort als der gewöhnliche Aufenthaltsort anzusehen, W.
XVII. 7; XIX. 4 f.; XXII. 3; namentlich aber dann, wenn die Rücklehr zur Familie
stets nur nach längeren Zwischenräumen erfolgte, IV. 5; V. 8; VI. 7; VIII. 9.
X. 9; XIII. 5. Es genügt die jahrelange Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, wenn
es auch rechtlich leicht lösbar war, VIII. 13; X. 9. Besuchs= und ähnliche Reisen
zu vorübergehenden Zwecken unterbrechen den Aufenthalt nicht, XVIII. 14; AXXIV. 27;
XXV. 8; desgl. eine Rückkehr zu gleichen Zwecken nicht die Abwesenheit, 1I. 16;
III. 30; IV. 17; VII. 13; VIII. 7; NX. 1; XVI. 14; XXVII. 3. Die Beurtheilung
hat nach den thatsächlichen Verhältnissen zu geschehen, VIII. 4; XI. 15; XV. 10:
XVI. 12; XKXl. 22.
Unter Umständen genügt eine Entfernung kürzerer Dauer zur Unterbrechung,
z B. wenn jemand an seinem bisherigen Wohnorte Wohnung und Stellung aufgad,
ohne sich ein anderweitiges Unterkommen zu sichern, seine Sachen zurückzulassen rc.,
IV. 7; XIV. 13, 15; XVI. 10; XXIV. 21; desgl. eine Rückkehr von kürzerer Dauer
zur Unterbrechung der Abwesenheit, VIII. 4; XIV. 16; XV. 11; XVII. 18; XXlI. 16.
Der Aufenthalt wird nicht unterbrochen durch volizeiliche Ausweisungen, welche
eine thatsächliche Entfernung nicht zur Folge haben, Erk. 27. März 1875 (W. VI. 2).
(in casu war die Wittwe N. wiederholt aus dem Weichbilde der Stadt R. abgeführt
worden, aber jedesmal zurückgekehrt, so daß die Ausweisung eine thatsächliche Unter-
brechung des Aufenthaltes nur momentan zur Folge hatte.)
1) Er ruht, auch wenn ein Erstattungsanspruch nicht erhoben werden kann, weil
baare Auslagen durch die an sich nothwendige Unterstützung nicht entstanden sind,
W. VII. 17; XI. 16; oder weil er wegen Nichtbeachtung der §§. 32, 34 des Ges.
verwirkt ist, XII. 9; XIII. 25
2) Für welchen Zeitraum eine Unterstützung als gewährt anzusehen ist, bestimmt
sich nach Lage des einzelnen Falles, W. XIV. 23; XV. 24. Es kommt nicht darauf
an, ob die Hülfsbedürftigkeit eine dauernde gewesen ist, sondern ob die Unterstützung
für einen verhältnißmäßig längeren Zeitraum bestimmt war, XXV. 10; XXVI. 25.
3) Die Wirkung des §. 14 tritt nur ein bei einer Unterstützung, die durch einen
Armenverband gewährt wird, welcher als solcher im Sinne des Gesetzes anerkannt ist,
nicht auch bei einer Unterstützung durch eine mit Korporationsrechten versehene Stiftung,
Erk. 13. Dez. 1884 (W. XVII. 23), dieselbe müßte denn im Namen des Armen.
verbandes gehandelt haben oder zu der Unterstützung dem Armenverbande gegenüber
(statutarisch 2c.) verpflichtet gewesen sein, Erk. 19. Sept. 1885 und 15. Mai 1886
(W. XVIII. 20) oder die Unterstützung müßte aus einem, kraft gesetzlicher Bestimmung
einem Zweige der öffentlichen Armenpflege gewidmeten öffentlichen Fonds gewährt
worden sein, Erk. 5. März 1887 (W. XIX. 32).
Der Lauf der zweijährigen Frist ruht nur während der Dauer der von einem
Armenverbande thatsächlich gewährten nothwendigen Unterstützung. Erk. 9. Juni
und 7. April 1888 (W. XX. 12 und 14), nicht etwa von dem Zeitpunkte ab, wo
mit der Unterstützung hätte begonnen werden müssen, W. XVI. 19; XXIV. 31; bei
Monatsunterstützungen ist jedoch der Tag der Erhebung gleichgültig, W. XIX. 25.
Dagegen ruht der Lauf bei ungerechtfertigter Nichtgewährung öffentlicher Unterstügung,
XXIV. 34 und zwar von dem Zeitpunkte ab, mit welchem die Unterstützung hätte
gegeben werden sollen, IX. 5
Ein Armenverband, der die Unterstützung zur Ungebühr verabsäumt hat, darf
sich nicht darauf berufen, daß der Lauf der zweijährigen Frist unterbrochen worden
wäre, wenn er schon früher die nothwendige Unterstützung gewährt hätte, Erk. 4. Mai
1878 (W. X. 23). *1“ #
Die Sistirung der Erwerbsfrist in Folge des Empfanges öffentlicher Unterstütung
resp. die Dauer der Sistirung hat derjenige Armenverband zu beweisen, welcher dar-