Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

340 Abschnitt V. Armenwesen. Reichsgesetz §§. 26—28. 
gesehen, wenn aus den Umständen, unter welchen sie erfolgt, die Absicht erhellt, 
den Aufenthalt nicht dauernd fortzusetzen. 
§. 26. Die Anstellung oder Versetzung eines Geistlichen, Lehrers, öffent- 
lichen oder Privatbeamten, sowie einer nicht bloß zur Erfüllung der Militär- 
pflicht im Reichsheere oder in der Reichskriegsmarine dienenden Militär- 
person 1) gilt nicht als ein die freie Selbstbestimmung bei der Wahl des 
Aufenthaltsortes ausschließender Umstand. 
§. 27. Der Lauf der zweijährigen Frist (J. 22) ruhte) während der Dauer 
der von einem Armenverbande gewährten öffentlichen Unterstützung. 
Er wird unterbrochen durch den von einem Armenverbande auf Grund 
der Bestimmung im §. 5 des Gesetzes über die Freizügigkeit vom 1. November 
1867 gestellten Antrag?) auf Anerkennung der Verpflichtung zur Uebernahme 
eines Hülfsbedürftigen. Die Unterbrechung erfolgt mit dem Tage, an welchem 
der also gestellte Antrag an den betreffenden Armenverband, oder an die vor- 
gesetzte Behörde eines der betheiligten Armenverbände abgesandt ist. 
Die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn der Antrag nicht inner- 
halb zweier Monate weiter verfolgt, oder wenn derselbe erfolglos geblieben ist. 
Pflichten und Rechte der Armenverbände. 
§. 28. Jeder hülfsbedürftige Norddeutsche muß vorläufig!) von dem- 
Zu Anmerkung 6 auf S. 339. 
Stellung in ihre Heimath, wo sie gesicherte Unterkunft haben, wiederholt auf un- 
bestimmte Zeit zurückkehren, W. XXV. 39, desgl. wenn die Rückkhr zur Erholung 
von längerer Krankheit erfolgte, XXV. 40. 
Der Dienstknecht N. war, als er am 1. März 1872 der öffentlichen Armenpflege 
anheimfiel, seit dem 26. Dez. 1869 von seinem Unterstützungswohnsitz P. ab- 
wesend gewesen und hatte sich uur in der Zeit vom 28. Febr. bis zum 11. April 
1870 vorübergehend wieder in P. aufgehalten. Das Bundesamt erkannte unterm 
28. April 1873 (W. II. 15), daß dies keine Unterbrechung der Abwesenheit begründe 
weil der N. nach P. mit der Erklärung zurückgekehrt sei, nur so lange bleiben zu 
wollen, bis er einen neuen Dienst gefunden haben werde, mithin nicht angenommen 
werden könne, daß bei der Rückkehr ein Aufenthalt von unbestimmt langer Dauer ins 
Auge gefaßt war. In gleichem Sinne wurde unterm 17. Nov. 1873 (W. 1II 
30) in einem Falle erkanut, wo die betreffende Person als Unteroffizier im Heere 
vorübergehend zurückgekehrt, die Absicht, dauernd zurückzukehren, also ausgeschlossen 
war. Bergl. auch die Anm. zu §. 13. 
1!) Zu den Militärpersonen gehören auch die Gendarmen, W. XVI. 51. 
*) Der Lauf der zweijährigen Abwesenheitsfrist (§. 22) wird nicht gehemmt, so 
lange nicht Anlaß zum Einschreiten der öffentlichen Armenpflege vorliegt, Erk 
I. Dez. 1873 und 5. Jan. 1874 (W. IV. 19 und 22); er ruht nicht während der 
Dauer einer im nichtdentschen Auslande gewährten öffentlichen Unterstützung, Erk 
2. März 1874 (W. IV. 23) und 17. Nov. 1873 (W. III, 30); W. IV. 26. « 
3)DiezweijährigeFristwirdnurunterbrochen,wenneinAntragaufUeber- 
nahme gestellt ist und es sich dabei um eine dauernde, d. h. um eine aus anderen 
Gründen, als einer nur vorübergehenden Arbeits- resp. Erwerbs-Unfähigkeit ent- 
springenden Hülfsbedürftigkeit gehandelt hat (5. 5 des Freizügigkeits-Ges. und §. 31 
dieses Ges.), Erk. 27. Sept. und 4. Oke 1884 (W. XVI. 31 und 141). Die Frist 
wird auch durch die Ueberführung unterbrochen, welche auf Antrag des übernahme. 
pflichtigen Armenverbaudes erfolgte, Erk. 8S. März 1884 (W. XVI. 34). 
Vergl. im Uebrigen die Anm. zu §. 14. 
1) „Vorläufig“ insofern, als ein Auspruch auf Erstattung der Kosten, bezw. auf 
Uebernahme vorbehalten ist. Dagegen ist die Unterstützung des Hülfsbedürftigen eine 
dem Orts-Armenverbande des Aufenthaltsortes auferlegte öffentlicherechtliche Pflicht, 
W. XXVII. 35. 
Bei der Entscheidung über den Anspruch auf Erstattung der Kosten, welche 
durch die nach §. 23 jeden hülfsbedürftigen Deutschen zu gewährende vorläufige 
Unterstützung verursacht werden, kommt es nach der konstanten Praxis des Bundes-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.