Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

344 Abschnitt V. Armenwesen. Reichsgesetz §. 28. 
  
Zu Anmerkung 1 auf S. 343. 
XXI. 48; XXII. 57; XXIII. 64, 71. Dieser Grundsatz findet auch Anwendung, 
wenn die betreffende Person dem vorläufig unterstützenden Orts-Armenverbande wegen 
unmittelbar bevorstehender Hülfsbedürftigkeit zugeschoben worden war, Erk. 
24. Jan. und 6 Mai 1882 (W. XIV. 84—90). Wegen des Abschiebens durch 
Organe der Land-Armenverbände vergl. Anm. zu §. 5. 
Wenngleich das Reichsges. in §5. 28 und 30 ausdrücklich nur der Ersatzpflich: 
des definitiv fürsorgepflichtigen Armenverbandes gedenkt, so unterliegt es doch keinem 
Zweifel, daß die Erstattungsklage auch gegen denjenigen Armenverband 
zulässig ist, der sich der Verpflichtung, vorläufige Unterstützung zu ge- 
währen, pflichtwidrig entzogen und den Unterstützungsbedürftigen (sei es im 
Wege des Transports oder der Reiseunterstützung) einem anderen Armenverbande 
zugeschoben hat. Das Gleiche gilt, wenn der zur Gewährung vorläufiger Unterstützung 
verpflichtete Armenverband in Folge mangelhafter Einrichtung (z B. Abwesenheit des 
betreffenden Beamten) nicht hat um Unterstützung angegangen werden können, Erk. 
6. Jan. und 7. April 1877 (W. VIII. 63—72) und die Erk bei W. IX. 65 73, 
Erk. 7. April 1883 (W. XV. 7) (Fall der Reiseunterstützung). Wenn der zur vor- 
läufigen Fürsorge verpflichtete Armenverband sich dieser Fürsorge entzieht und dadurch 
einen anderen Armenverband in die Lage bringt, sich des Unterstützungsbedürftigen 
annehmen zu müssen, so kann dieser zweite Armenverband gegen den ersten klagen 
— er ist nicht verpflichtet, gegen den definitiv verpflichteten Armenverband zu klagen. 
Die Klage auf Befreiung von übernommenen Verpflichtungen ist in allen Fällen zu- 
lässig, Erk. 3. März 1877, 25. Nov. 1876 (W. VIII. 119—123), 6. und 25. Nov. 
1878 (W. X. 56— 60) und 29. Nov. 1879 (W. XI. 28). In Fälken der gedachten 
Art kann der zur vorläufigen Unterstützung verpflichtete Armenverband auch dann 
direkt in Anspruch genommen werden, wenn der betreffende Unterstützungsbedürftige 
auf eigenen Wunsch nach einem anderen Orte geschafft oder aus der Pflege entlassen 
worden ist, W. X. 45— 48; XII. 40; XIII. 45; XIV. 48; XX. 55; XXI. 54; 
es sei denn, daß die Heimathsbehörde sich bereit erklärt hätte, den Hülfsbedürftigen 
zu übernehmen, XVIII. 45, oder daß die Verwandten, ohne ihrerseits Anspruch auf 
öffentliche Unterstützung zu erheben, zu seiner Aufnahme bereit und im Stande waren, 
XIII. 41; XV. 47. Andererseits sind die Armenverbände nicht unbedingt verpflichtet, 
fremde, von auswärts kommende, wiederfortwollende Umhertreiber wider ihren Willen 
in Pflege zu nehmen oder zu behalten, falls nicht ein Einschreiten der öffentlichen 
Armenpflege von Amtswegen geboten ist, XXI. 51; XXII. 60; XXVII. 72. 
Ob pflichtwidrige Abschiebung vorliegt, ist hiernach nach den thatsächlichen Um- 
ständen des Einzelfalles zu entscheiden, XXVII. 71; Beispiele: XVIII. 44; XIX. 
64, 66, 69; XXI. 59; AXXIII. 70, 71, 73; XXVII. 73. 
Statt der Klage wegen Abschiebung kann auch sofort der endgültig fürsorge- 
pflichtige Armenverband in Anspruch genommen werden, XIII. 47. Beide Armen- 
verbände, dieser und der abschiebende sind hinsichtlich des Erstattungsanspruches Ge- 
sammtschuldner und können auch zusammen verklagt werden, XXVII. 75. 
Ueber Erstattung der in Zukunft aufzuwendenden Unterstützungskosten, vergl. 
W. XXIII. 75. 
Im Falle ungebührlicher Verzögerung der Armenpflege kommt es darauf an, nicht 
wo der Hülfsbedürftige sich zur Zeit des Beginus der Unterstützung, sondern 
wo er zur Zeit des Hervortretens der Hülfsbedürftigkeit sich befunden hat, 
Erk. 6. Jan. 1877 (W. VIII. 105). 
Der Erstattungsanspruch des vorläufig unterstützenden Armenverbandes wird 
dadurch nicht ausgeschlossen, daß nach Lage des Falles die Gewährung der vorläufigen 
Unterstützung einem anderen Armenverbande, in welchem die Hülfsbedürftigkeit zuerst 
hervorgetreten war — hätte überlassen werden können, Erk. 6. Jan. 1877 (W. 
VIII. 60). Vergl. Erk. 14. Mai 1881 (W. XIII. 57). Ebenso wenig kann der 
Erstattungsanspruch ohne Weiteres durch den Einwand beseitigt werden, daß der von 
dem Kläger unterstützte Hülfsbedürftige die erforderliche Kur und Pflege 2c. von dem 
Beklagten hätte in Anspruch nehmen können und daß, wenn dies geschehen wäre, 
geringere Kosten entstanden sein würden, Erk. bei W. XVI. 17. 
Der Anspruch auf Erstattung der Kosten wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß 
ein Erkrankter trausportfähig ist — die betreffenden Armenverbände würden sich
	        
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