Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt V. Armenwesen. Reichsgesetz §. 29. 345 
s. 29. (In der Fassung des Art. 1, II. Ges. 12. März 1894). Wenn 
Personen 1), welche gegen Lohn oder Gehalt in einem Dienst- oder Arbeits- 
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Zu Anmerkung 1 auf S. 344. 
sonst durch Abschieben der zu unterstützenden Hülfsbedürftigen entledigen können, 
was uch §. 28 nicht statthaft ist, Erk. 5. Jan. und 4. Mai 1874 (W. IV. 28 
und 29). 
Der vorläufig unterstützende Armenverband hat kranke Hülfsbedürftige, deren 
Kur und Verpflegung oder Bewachung an Ort und Stelle sich nicht ohne unver- 
hältnißmäßig hohe Kosten bewirken läßt, in auswärtigen Krankenanstalten unter- 
zubringen, sofern sich dazu eine nahe liegende Gelegenheit bietet, Erk. 20. Okt. 1883 
(W. XV. 64). 
Der vorläufig unterstützende Armenverband hat im Interesse des unterstützungs- 
pflichtigen Armenverbandes auf thunlichste Kostenersparung Bedacht zu nehmen, 
widrigenfalls eine Herabsetzung der von ihm liquidirten Auslagen statthaft ist. Erk. 
20. Sept. 1884 (W. XVI. 57). 
Ein einem Erkrankten zur Rückkehr in die Heimath gewährtes Reisegeld 
kann nicht als Armenumterstützung eingeklagt werden, Erk. 26. Sept. 1874 (W. 
V. 36). 
Sobald ein Soldat durch die Militärbehörde oder ein Gefangener durch die 
Gefängnißverwaltung für entlassen erklärt wird, ist die Ortsgemeinde von Polizei- 
resp. Kommunalaussichtswegen zur einstweiligen Verpflegung, wenn eine solche 
nöthig sein sollte, anzuhalten und liegt es ihr, nicht der Militärbehörde oder der 
Gefängnißverwaltung, ob, die definitiv verpflichtete Gemeinde des Unterstützungs- 
wohnsitzes zu ermitteln resp. in Anspruch zu nehmen, Res. 16. Okt. und 3. Dez. 
1872 (M. Bl. S. 252 und 333) und 17. Jan. 1873 (M. Bl. S. 28). 
Den Gemeinden, welche den Transport der ihnen auf Grund des §. 28 zur 
weiteren Fürsorge überwiesenen dienstunbrauchbaren Militärpersonen in die Heimath 
veranlaßt haben, werden die hierfür nothwendig entstandenen Transportkosten aus 
Reichs-Militärfonds erstattet, Res. 19. März 1883 (M. Bl. S. 129). 
1) Die Verpflichtung des §. 29 tritt nur dann ein, wenn der Dienstbote r2c. den 
Dienst thatsächlich angetreten hat oder wenn der Dienst thatsächlich noch besteht, Erk. 
9. Mai und 13. Juni 1885 (W. XVII. 102 f..), und zwar muß ein bestimmtes 
Dienst= oder Arbeitsverhältniß vorliegen, XXI. 114, nicht etwa Beschäftigung aus 
Mitleid oder Leisten von Diensten aus Gefälligkeit, XVIII. 79, 83. 
Als Dienstort ist derjenige Ort zu betrachten, in welchem die in diesem Ver- 
hältniß stehende Person nach dem Dienftvertrage ihre Dienste zu leisten hat, Erk. 
29. Sept. 1873 (W. III. 53). „Dienstort ist zwar nicht immer sso heißt es wört- 
lich in dem Erk. 6. Jan. 1877 (W. VIII. 92)] der Wohnort des Dienstherrn oder 
Arbeitsgebers, sondern der Ort an welchem vertragsmäßig die Dienste zu leisten 
sind. Allein daraus folgt nicht, daß wenn die Dienste nach dem bestehenden Vertrage 
bald an diesem bald an jenem Orte verrichtet werden, jeder dieser Arbeitsorte, auch 
bei noch so kurzer Dauer der Arbeitsthätigkeit, Dienstort wird. Als Dienstort kann 
immer nur derjenige von mehreren wechselnden Arbeitsorten gelten, wo die dienstliche 
Thätigkeit ihren Mittelpunkt findet. Ist der Aufenthalt des Gewerbegehülfen nach 
Beschaffen heit des Gewerbebetriebes ein stetig wechselnder, so fehlt es gewöhnlich an 
jedem Mittelpunkte des Dienstverhältnisses, wie überhaupt an jeder Beziehung desselben 
zu einer bestimmten Oertlichkeit. Wenn ausnahmsweise dennoch der Ort des vorüber- 
gehenden Aufenthaltes vorübergehend als Dienstort erscheinen soll, so setzt dies jeden- 
salls einen länger dauernden Aufenthalt voraus.“ (In casu war der Maschinist N. 
durch seinen Arbeitgeber, die Firma K. in F., mit Bedienung einer Dampfmaschine 
auf dem Gute D. beschäftigt. Er erkrankte dort und das Bundesamt entschied dahin, 
daß nicht der Armenverband des Gutes D., sondern der Unterstützungswohnsitz 
des §. 30 zur Erstattung der Kosten verpflichtet sei.) Vergl. Erk. 4. Jan. 1879 (W. 
XI. 80). (In casu stand N. als Gewerbehülse im Dienste des Ingenieurs IlI. zu 
Görlitz, der ihn gegen Lohn mit Montagearbeiten beschäftigte, welche auswärts verrichtet 
wurden. Das Bundesamt nahm an, daß Görlitz als Armenverband des Dienstorites, 
an welchem N. erkrankt war, nicht berechtigt sei, die Kosten der sechswöchentlichen 
Kur von dem Armenverband des Unterstützungswohnsitzes ersetzt zu verlangen.) 
Als am Orte des Dienstverhältnisses befindlich ist ein Dienstbote nicht anzusehen,
	        
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