Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt V. Armenwesen. Reichsgesetz 88. 37, 38. 367 
ständig und unmittelbar vor den zur Entscheidung, sowie zur Vollstreckung der- 
selben berufenen Behörden zu verfolgen!). 
§. 37. Streitigkeiten zwischen verschiedenen Armenverbänden über die 
öffentliche Unterstützung Hülfsbedürftiger werden, wenn die streitenden Theile 
einem und demselben Bundesstaate angehören, auf den durch die Landesgesetze 
vorgeschrtebenen Wege entschieden. 
Gehören die streitenden Armenverbände verschiedenen Bundesstaaten an, 
so finden die nachfolgenden Vorschriften der §§. 38—51 dieses Gesetzes An- 
wendung. 
Entscheidung. 
§. 38. Lehnt ein Armenverband den gegen ihn erhobenen Anspruch) 
auf Erstattung der Kosten, oder auf Uebernahme eines Hülfsbedürftigen ab, 
— — 
  
Zu Anmerkung 1 auf S. 366. 
1884 (W. XVI. 74) einen solchen Anspruch anerkannt, weil dem Hülfsbedürftigen 
Wohnung von einem dritten unter ausdrücklicher Garantie des betreffenden Armen- 
verbandes gewährt worden war. (In allen drei Fällen waren die betreffenden Armen- 
verbände nach Erstattung der von den Privatpersonen geleisteten Unterstützung als Kläger 
aufgetreten; im dritten Falle hatte der klagende Armenverband, um die Ermission der 
mittellosen Frau B. zu verhüten, dem Eigenthümer des Hauses, in dem sie wohnte, 
die Zahlung der Wohnungsmiethe garantirt und dieselbe auch demnächst berichtigt.) 
Selbstverständlich haben die Spruchbehörden in Streitsachen der Armenverbände 
aber auch alle privatrechtlichen Fragen zu erörtern, sofern die Entscheidung der Armen- 
streitsache von ihrer Beantwortung abhängig ist. W. XII. 145; XVIII. 123; XXVII. 49. 
1) Im Geltungsbezirk der Kreisordnung von 1872 werden die Gutsbezirke im 
öffentlich-rechtlichen Sinne durch die Gutsvorsteher vertreten, Erk. 17. April 1880 
(W. XII. 128). 
Die Vertretung eines Gutsarmenbezirks steht allein dem zur Verwaltung 
der Armenpflege in dem Bezirk gesetzlich berufenen Gutsbesitzer zu, Erk. 21. April 
1888 (W. XX. 178). 
Auch zur Vertretung eines fiskalischen Gutsbezirks ist im Geltungsbereiche der 
Prenßischen Kreisordnung von 1872/81 nur der Gutsvorsteher (nicht die Regierungs- 
abtheilung für Domänen 2c.) berusen, Erk. 17. April 1886 (W. XVIII. 155) und 
12. Febr. 1887 (W. XIX. 149). 
Die Klage ist bei Abwesenheit des den Beklagten vertretenden Beamten (Bürger- 
meister 2c.) in dessen Geschäftslokal, nicht aber in der Wohnung (an einen Dienst- 
boten 2c.) zu bewirken, Erk. 20. Okt. 1886 (W. XIX. 150). 
2) Wenn im einzelnen Falle ein genügender Anlaß gegeben ist, so kann auf Er- 
stattung der bisher aufgewendeten Pflegekosten, vorbehaltlich ihres in separato zu er- 
mittelnden Betrages geklagt werden, Erk. 31. März 1873 (W. II. 112), 27. Okt. 
1877 (W. IX. 129), 9. Okt. 1880 (W. XII. 132) und 25. April 1885 (W. XVII. 
144), desgl. auf Erstattung der ferner zu zahlenden Unterstützungsbeträge vor- 
behaltlich ihrer Feststellung in einem Separatverfahren, W. XVII. 144 und 149; 
XXII. 163; XXIII. 78. Wird eine solche Klage abgewiesen, so können die weiter 
gezahlten Beträge nur eingeklagt werden, wenn es sich um einen neuen Armenpflegefall 
handelt, Erk. 28. März 1885 (W. XVII. 149). 
Res judicata ist vorhanden, wenn Klagegrund und Anspruch derselbe ist wie in 
dem Vorprozeß, jedoch nicht, wenn der Klagegrund derselbe ist, der Anspruch aber ein 
anderer, Erk. 5 und 12. Juni 1886 (W. XVIII. 161). Res jodicata ist nur 
vorhanden bei Identität der Personen und des Streitgegenstandes, Erk. 10. Dez. 1887, 
5. und 26. Mai 1888 (W. XX. 183—187). Vergl. W. XXI. 169; XXII. 163; 
XXVI. 120; XXVII. 168. 
Eine Klage auf Anerkennung der Unterstützungspflicht ist unzulässig, 
Erk. 5. Okt. 1878 (W. X. 112). 
Abkommen über Verpflegungssätze, die den Tarif üÜberschreiten, sind nicht im 
Armen-Streitverfahren klagbar, Erk. 3. Nov. 1883 (W. XVI. 158). 
Eine nachträgliche, das Vertheidigungsrecht des Beklagten nicht beeinträchtigende 
Ergänzung oder Berichtigung der Klageanträge ist selbst in der Berufungsinstanz 
nicht ausgeschlossen, z. B. wenn die ursprünglich gegen den Beklagten als Orts-
	        
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