396 Abschnitt V. Armenwesen. Tarif der Armenpflegekosten.
tigen gereichten Arzneien, Heilmittel 2c.1!) für den Tag und für alle Ortschaften
gleichmäßig 0 0 o o 0 O o 0 - - * .* 20 g.
vorbehaltlich gleichwohl einer besonderen Berechnung und Liquidirung erheb-
licher außerordentlicher Mehraufwendungen), welche in Verwundungsfällen oder
bei schweren oder ansteckenden :) Krankheiten nothwendig geworden sind.
3. Der Tag, an welchem die Verpflegung begonnen hat, wird mit dem
Tage, an welchem dieselbe beendigt worden ist, zusammen als ein Tag berechnet.
4. Die obigen Tarifsätze kommen gleichmäßig zur Anwendung, die Ver-
pflegung mag innerhalb oder außerhalb eines Kranken= oder Armenhauses be-
wirkt worden sein.
5. Alle, unter die Bestimmungen zu 1 und 2 nicht zu begreifenden Ver-
wendungen sind besonders) zu berechnen; dies galt namentlich auch rücksichtlich
1) D. h. alles, was nach ärztlicher Bestimmung zur Wiederherstellung, bezw.
Besserung des Kranken innerlich und äußerlich augewendet wird, W. III. 88; XXIII.
153; nach Lage des Falles auch Wein und Bier, III. 90; IV. 72, nicht aber Nah-
rungsmittel, wie Milch, Eier, Bouillon, s. Anm. 1 auf S. 395.
2) Es kommt darauf an, daß die Kosten der Heilmittel den Tarissatz in ver-
hältnißmäßig erheblicher Weise übersteigen, W. 1I. 85; III. 90; XIII. 104; XV. 67;
XXVII. 118 und daß auch thatsächlich erheblich mehr verausgabt ist, NX. 144. Es
genügt nicht, daß an die Krankenanstalt erheblich mehr, als der Tarifsatz gezahlt worden
ist, XXVII. 113. In schweren Fällen sind auch die Kosten der Zuziehung eines
zweiten Arztes und besonderer Heilmittel zu ersetzen. Besondere Gebühren dürfen
für fest remunerirte Armenärzte (§. 30 Reichsges.) nicht in Ansatz gebracht werden.
Ein Abkommen, die fest remunerirten Aerzte des unterstützenden Armenverbandes für
die Kur von Hülfsbedürftigen, welche in einem anderen Armenverbande ihren defini-
tiven Unterstützungswohnsitz haben, besonders zu remuneriren oder ihnen für aus-
wärtige Hülfsbedürftige einen höheren Verpflegungssatz zu bedingen, würde eine Um-
gehung des Gesetzes enthalten und gegen dessen Intentionen verstoßen, Erk. 10. März
1877 (W. VIII. 113) und 14. Juni 1879 (W. XI. 99). Ueber Zuziehung eines be-
sonderen Arztes beim Oorhandensein fest remunerirter Armenärzte vergl. W. XX 139.
Durch Erk. 16. Juni, 13. Okt. u 24. Nov. 1873 (W. III. 91—94) erkannte
das Bundesamt die Zulassung der besonderen Liquidirung von Kosten für die An-
nahme von Wärtern an, auch eines zweiten Krankenwärters, Erk 15. Nov. 1879
(W. IX. 49), Heizung eigener Krankenzimmer und ärztlicher Hülfeleistung in schweren
Krankheitsfällen, sowie desgleichen die Zulässigkeit der Liquidirung besonderer Kosten
für die Reinigung von Ungeziefer, W. III 92; vergl. auch Erk. 16. Febr.
1878 (W. X. 110) und 6. Sept. 1879 (W. Xl. 110) und für die Desiufizirung
der Kleidungsstücke eines Krätzekranken, W. III. 94, sowie die Liquidirung von War-
tungskosten für Epileptische 2c, Erk. 13. Sept. 1879 (W. XI. 109), nicht aber
der Kosten der Desinfizirung der Krankenstube, Erk. 28. Sept. 1878 (W. X. 108).
Vergl. Erk. 21. Sept. 1878 (W. X. 106). (An casu war für den auf einer Straße
Berlius ohnmächtig zusammengesunkenen N., da der requirirte Armenarzt nicht zu
Hause getroffen wurde und Gefahr im Verzuge wac, der nächst erreichbare Arzt zu-
gezogen worden. Das Bundesamt erkannte auf Erstattung der ihm mit 2 Mk. ge-
zahlten Gebühr.)
Der Satz von 1 Mk ist durch die Charité in Berlin in den Fällen zu liqui-
diren, in denen sie, einer auswärtigen Preußischen Heimathsgemeinde gegenüber, von
dem Rechte des Reg. 7. Sept 1830 (G. S. S. 133) Gebrauch macht.
*) Bei ansteckenden Krankheiten (z. B. bei der Krätze) darf der nothwendige
Aufwand für ärztliche Behandlung und Heilmittel seinem vollen Betrage nach liquidirt
werden, ohne Rücksicht auf den tarifmäßigen Pauschalsatz, Erk. 13. März u. 18. Sept.
1880 (W. XII. 78— 81). Vergl. die Erk W. XV. 65—69, desgl. bei syphilitischen
Erkrankungen, Erk. 10. Sept. 1881 (W. XIII. 105). 6
Die Ansicht, daß nur bei epidemisch herrschenden ansteckenden Krankheiten eine
besondere Berechnung außerordentlicher Mehraufwendungen statthaft sei, ist zu ver-
werfen, Erk. 13. März 1880 (W. XII. 78). Z
) Zerstört ein Geisteskranker Inventarienstücke, so findet ein Erstattungsanspruch
nicht statt, wohl aber, wenn er seine eigenen Kleider zerstört hat und ihm dafür andere
beschafft worden sind, Erk. 16. Okt. 1880 (W. XlI. 77).