Abschnitt VI. Kompetenz der Polizeibehörden. 401
§. 121). Bei einem jeden Vorfalle, wodurch die unter der besonderen Obsorge
der Polizei stehende öffentliche Ruhe und Sicherheit gestört worden, hat die Polizei-
gerichtsbarkeit das Recht des ersten Angriffs, und der vorläufigen Untersuchung.
§. 13. Findet sich aber bei dieser Untersuchung, daß außer der Uebertretung
des Polizeigesetzes zugleich ein vorsätzliches oder schuldbares Verbrechen begangen
wornen so muß die Polizei die fernere Verfügung der ordentlichen Gerichtsbarkeit
Üüberlassen.
§. 14. Auch müssen in allen Fällen, da ein Mensch gewaltsamer Weise um's
Leben gekommen ist, und Überhaupt, sobald zur Begründung einer künftigen Kriminal-
untersuchung, das Dasein und die Beschaffenheit einer gewaltthätigen Handlung, durch
Einnehmung des Augenscheins, oder Besichtigung der Sachverständigen, rechtlich fest-
Lschen find. die ordentlichen Gerichte von der Polizei zugezogen werden. Vergl. §. 157
Str. P. O.
Allgemeine Polizeigesetze, die im öffentlichen Interesse gewisse Einrichtungen vor-
schreiben, ohne bestimmten Personen ein Recht auf deren Herstellung beizulegen, be-
gründen für Niemanden ein im Rechtswege verfolgbares Rechtsverhältniß; glaubt ein
Einzelner auf dergleichen Einrichtungen dringen zu dürfen, so hat er die Polizei-
Instanz anzurufen, der die Handhabung jener Gesetze zukommt, Erk. 10. Okt. 1854
(J. M. Bl. 1855 S. 15).
Hinsichtlich der Funktionen und Befugnisse, welche den
Polizeibehörden durch den vorstehenden S. 10 II. 17 A. L. R. über-
tragen sind, können die hier folgenden Entscheidungen als Anhalt
dienen:
Allgemeine Ordnungs= und Sicherheitspolizei.
Die Polizei kann
in die Privatrechte einzelner Unbetheiligter zur Abwendung einer unmittelbar bevor-
stehenden Gefahr eingreifen, Erk. O. V. G. 1. u. 8. April 1885 (E. O. V. XlII.
401 u. 397).
Die Polizei kann einschreiten
gegen Namensbezeichnungen physischer Personen und Vereine, insbesondere gegen die
Bezeichnung als Freimaurerloge, Erk. O. V. G. 22. April 1893 (E. O. V. XXV.
400), Res. 7. Dez. 1893 (M. Bl. 1894 S. 43)
bei Streitigkeiten zwischen Vermiether und Miether wegen des dem ersteren zustehenden
Pfand= und Retentionsrechtes, sofern dies zur Verhinderung einer Strafthat oder zum
Schutze der Frläsreen öffentlichen Ruhe nöthig ist, Erk. O. V. G. 26. März 1881
Zu Anmerkung 4 auf S. 400.
gemein prlassene polizeigesetzliche Bestimmung, E. O. V. II. 431; XI. 366 ff. und
XII. 391.
Eine polizeiliche Berfügung, die sich auf ein Polizei-Gesetz stützt, bedarf nicht
noch einer besonderen Begründung, Erk. O. V. G. 1. Mai 1895 (Bochmann,
Mitth. II. 1).
Wenn ein Gesetz oder eine Polizeiverordnung die Ertheilung der Erlaubniß zur
Vornahme einer Handlung in das freie Ermessen der Polizeibehörde stellt, so darf
diese die Erlaubniß nicht nach Willkür versagen, sie muß vielmehr bei Uebung
ihres freien Ermessens von objektiv polizeilichen Motiven geleitet werden und letztere
dürfen wiederum nur aus den die Aufgabe der Polizei allgemein normirenden gesetz-
lichen Vorschriften entnommen sein, Erk. O. V. G. 29. Juni 1889 (Bochmann,
Rechtsgr. S. 290).
Für die Recht= und Sachmäßigkeit einer sich auf §. 10 II. 17 stützenden
polizeilichen Verfügung kommen lediglich die Verhältnisse und Zustände in Betracht,
die r Zeit ihres Erlasses bestanden, Erk. O. V. G. 31. Okt. 1894 (Bochmann,
Mitth. I. J. .
I)Vergl.zu§§.12—14Str.P.O.§§.161Abi.1und2,98,105,127,
157, 87 ff.
Illing-Kautz, Handbuch I1, 7. Aufl. 26