Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt VI. Polizeigesetz. 421 
Vorschriften, sowie über die Formen, von deren Beobachtung die Gültigkeit der- 
selben abhängt, die erforderlichen Bestimmungen zu erlassen. 
§. 12. Die Vorschriften der Regierungspräsidenten (§. 11) können sich auf 
die im §. 6 dieses Gesetzes angeführten und alle anderen Gegenstände beziehen, 
deren polizeiliche Regelung durch die Verhältnisse der Gemeinden oder des Be- 
zirks erfordert wird. 
F§. 13. [Zum Erlasse solcher Vorschriften der Bezirksregierungen, welche 
die landwirthschaftliche Polizei1) betreffen, ist die Zustimmung des Bezirks- 
rathes) erforderlich.] s 
§.14.lDieBefugnißderBezirksregierungemfonstigeallgemeicher- 
bote und Strafbestimmungen in Ermangelung eines bereits bestehenden gesetz- 
lichen Verbotes mit höherer Genehmigung zu erlassen, ist aufgehoben.) 
§. 15. Es dürfen in die polizeilichen Vorschriften (§§. 5 und 11) keine 
Bestimmungen aufgenommen werden, welche mit den Gesetzen oder den Ver- 
ordnungen einer höheren Instanz im Widerspruche stehen?). Z 
§. 16. Der Minister des Innern") ist befugt, soweit Gesetze nicht ent- 
gegenstehen, jede polizeiliche Vorschrift durch einen förmlichen Beschluß außer 
Kraft zu setzen. Z ½m 
Die Genehmigung des Königs ist hierzu erforderlich, wenn die polizeiliche 
Vorschrift von dem Könige oder mit dessen Genehmigung erlassen war. 
§. 17. Die Polizeirichter!) Schöffengerichte haben über alle Zuwider- 
handlungen gegen polizeiliche Vorschriften (S§. 5 und 11) zu erkennen, und 
dabei nicht die Nothwendikeit oder Zweckmäßigkeit, sondern nur die gesetzliche 
Gültigkeits) jener Vorschriften nach den Bestimmungen der §§. 5, 11 und 15 
dieses Gesetzes in Erwägung zu ziehen. «- 
  
  
  
Zu Anmerkung 4 auf S. 420. 
und 20. März 1884 (E. K. IV. 329). Dies gilt aber nur für wirkliche Polizei- 
Verordnungen, nicht für Verwaltungsvorschriften, E. K. IX. 279. 
Die Nothwendigkeit der Beachtung des Erlasses für alle bis zum Inkrafttreten 
der §§. 72 ff. des Organisationsges. 26. Juli 1880, bezw. der 8§8§. 136 ff. L. V. G. 
wird durch Res. 9. Jan. 1894 (M. Bl. S. 30) von Neuem betont. 
Jede außerdem erfolgende anderweitige Bekanntmachung, zu welcher die Behörden 
sich aus Gründen der Zweckmäßigkeit bewogen finden mögen, ist ohne Einfluß auf 
die gesetzliche Wirkung polizeilicher Vorschriften der Bezirksregierungen, Res. 6. Juni 
1850 (M. Bl. S. 170). 
Der Vorschrift einer Regierungs-Verordnung, wonach die Verkündigung einer 
P. V. durch Einrücken in eine Zeitung erfolgen soll, ist nicht genügt, wenn sie als 
Extrabeilage der Zeitung beigegeben, aber weder in der Zeitung auf die Beilage, noch 
in letzterer auf die Nummer der Zeitung Bezug genommen ist, Erk. K. G. 19. Okt. 
1891 (E. K. XII. 172). 
1) Von jeder Polizei-Verordnung über Gegenstände der landwirthschaftlichen Polizei, 
welche eine Regierung erläßt, ist ein gedrucktes Exemplar in dem betr. Stück des 
Amtsblattes dem Kgl. Min. für landw. Angelegenheiten einzureichen, Res. 13. Mai 
1850 (M. Bl. S. 138). 
2) Ixt ist allgemein die Zustimmung des Bezirksausschusses nothwendig, L. V. 
G. §. 139. 
3) Wohl aber ist die ergänzende Regelung des betreffenden Gegenstandes und 
hierbei selbst eine Ausdehnung oder Verschärfung der Verordnung einer höheren 
« nstststä durch eine Orts-Polizei-Verordnung zulässig. Vergl. die Erk. bei Opp. Anm. 44 
S. 
1) Hinsichtlich der Strom-, Schiffahrts= und Hafenpolizei-Vorschriften der Mi- 
nister für Handel und Gewerbe, §. 145 Abs. 2 L. V. G. 
6) Nach §. 17 haben die Polizeirichter nicht die Nothwendigkeit oder Zweck- 
mäßigkeit von Polizei-Verordnungen zu prüfen, sondern nur deren gesetzliche 
Gültig keit. Vergl. Erk. O. Trib. 10. Jan. 1878 (M. Bl. S. 54) und E O. 
V. VIII. 292, 331, IX. 353. Die dem Strafrichter zustehende Rechtskontrolle über 
die Gültigkeit einer Polizei-Verordnung wirkt niemals über den Einzelfall hinaus. 
Sie ist weder für ihn selbst in anderen Einzelfällen, noch für andere Behörden bindend, 
Erk. O. V. G. 7. Sept. 1889 (Pr. V. Bl. XI. 97).
	        
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