Object: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

der Heimath, sodann der Mangel einer brauch- 
baren eingeborenen Bevölkerung in Kaiser Wil- 
helmsland. Beiden ist indessen zu begegnen; 
dem ersteren dadurch, daß wir vorzugsweise 
edle, hoch bezahlte Produkte bauen, und zwar 
der Gütle unseres Bodens entsprechend, besser 
und lohnender als irgendwo; — dem zweiten 
dadurch, daß wir eine nenc einheimische 
Bevölkerung schaffsen. In letzterer Beziehung 
bin ich allerdings der Meinung, daß sich 
die Erschließung von Kaiser Wilhelmsland 
nicht ohne die massenhafte Ansiedelung cines 
Bevölkerungselementes bewirken lassen wird, 
welches, höher stehend als die dünne und 
unentwickelte Eingeborenenbevölkerung, dem 
Europäer das wird, was der Javane und 
der Sudauese auf Java, der Malaie und 
seßhaft gewordene Vandjurese, Javanc w. 
auf Sumatra, der Singalese und der aus 
Indien einströmende Tamil auf Ceylon ist. Die 
aus dem Bismarck-Archipel und den Salomon= 
Inseln eingeführten Arbeiter vermögen diese 
Lücke nicht auszufüllen; denn einmal erliegen 
sie, bisher wenigstens, dem Klima in einem 
starken Maße, was unter Umständen dazu 
führen lann, daß der Erfolg der Anwerbungen 
ausbleiben wird; sodann ist ihre Arbeit, auch 
abgesehen von den Verlusten durch Krankheiten 
und Todesfälle, auf Neu-Guinea zu theuer. 
Leider liegen hierüber noch keinerlei brauchbare 
Berechnungen vor; aber ich bin persönlich über- 
zeugt, daß die Akkordsätze, zu welchen auf 
Java, Sumatra und Ceylon z. B. Busch gellärt 
und Reis gebaut wird, weit um mehr als 
das Doppelte überschritten werden. Indem 
ich mir Details über diese Fragen, namentlich 
auch darüber, welche Stämme für eme Ueber- 
führung in Betracht kommen könnten, für eine 
spätere Gelegenheit vorbehalten muß, möchte 
ich nur noch darauf hinweisen, daß man den 
ansässigen Farbigen nur für das bezahll, was 
man von ihm gesordert und thatsächlich geleistet 
erhalten hat, während der angeworbene Arbeiter 
Tag ein, Tag aus zu beköstigen und zu löhnen 
ist, ob er arbeite oder nicht. 
II. 
Im Gegensatze zu dem kontinentalen Neu- 
Guinca tragen die Eilande des Bismarck- 
Archipels durchweg einen insularen Charakter. 
Ihre Erhebung ist, abgesehen von den 
vulkanischen Piks des „Vater' und der Villaumez-= 
Halbinsel an der Nordküste von Neu-Pommern, 
sowie von den den südwestlichen Theil von 
Neu-Mecklenburg erfüllenden schrossen Berg- 
letten, gering, und wenn schon diese beiden In- 
selm immerhin dreihundert bezw. zweihundert 
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Seemeilen lang sind, so dringt die erfrischende 
Seebrise doch über ihre ganze Breite hin. Wie 
in Java die Kokosnußpalme dem von Nord 
nach Süd ziehenden Reisenden folgt, oder 
Schaaren weißer Kohlraupenschmetterlinge — 
nach einer aumuthigen Sage Sendlinge einer 
verlassenen Prinzessin an ihren Geliebten — 
von dem Süd= nach dem Nordufer der Insel. 
wandern, so sieht nichts im Wege, daß sich 
jener Baum, welcher mit Salztheilen geschwän- 
gerter Meeresluft zum Wachsthum bedarf, auch 
auf den größten Inseln des Archipels über 
deren ganze Breite hin ansiedelt. 
Daß nach Maßgabe dieser Größenverhält- 
nisse an bedeutende Flüsse nicht zu denken ist, 
bedarf kaum der Erwähnung; indessen fehlt es 
auf Neu Pommern, Neu-Mecklenburg und Neu- 
Hannover nicht an Bächen, welche von den 
Achserhebungen dem Merre zueilen. Fließen= 
des Wasser mangelt aber überall da, wo der 
Boden so porös ist, daß er selbst die At- 
mosphärilien sofort aufsangl, wie auf sämmt- 
lichen Korallen = Inseln und dem Binsttein- 
Plateau an der Blanche-Bai. Die Niederschläge 
sind, wenn schon eine regenlose Zeit von zehn 
Tagen eine von den Ansiedlern als Kalamität 
empfundene Seltenheit ist, mäßiger als auf 
dem westlichen Festlande; eine eigentliche wochen- 
lange Dürrc pflegt indeß für Neu-Lauenburg 
und die Gazellenhalbinsel im Juni bei dem 
Uebergange zum Südostpassate einzutreten, weil, 
wie ein Blick auf die Karte lehrt, Neu-Meck- 
lenburg diese Theile des Archipels mit seinen 
Gebirgsmanern, an deren Außenseite der Passat 
seine Feuchtigkeit lassen muß, umklammert. — 
Neu-Hannover scheint dagegen bereits einen 
mehr oceanischen Charakter zu besitzen und 
reichliche Niederschläge das ganze Jahr hin- 
durch zu empfangen, was selbstverständlich bei 
isolirteren Gruppen wie Nissan, den Purdy-= 
Inselu rc. in erhöhtem Maße der Fall ist. 
Der Boden erreicht, abgesehen von engen 
Thälern, nirgendwo eine schwere humöse Be- 
schaffenheit, sondern ist im großen Ganzen, selbst 
wo die Koralle nicht zu Tage tritt, leichl. In- 
solge hiervon ist der Busch ungleich lichter und 
mit sehr viel weniger Mühe zu durchdringen 
als in Neu-Guinea. Diese Bodenbeschaffenheit 
in Verbindung mit demjenigen, was soeben 
über die atmosphärischen Niederschläge zu sagen 
gewesen ist, weist ohne Weiteres auf den Anbau 
zweier Produkte, nämlich auf Kopra und Baum- 
wolle, hin, welche, wie langjährige Erfahrung 
erwiesen hat, vorzüglich gedeihen. 
Ein weiterer Unterschied des Bismarck- 
Archipels von Kaiser-Wilhelmsland ist endlich 
der, daß der erstere gut, zum großen Theile 
dicht bevölkert ist, und daß seine Eingeborenen
	        
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