Abschnitt VI. Vorläufige Straffestsetzung. 451
treten berechtigt sind, ohne durch die Bestimmungen der Zoll- und Steuer—
gesetze auf die Tageszeit beschränkt zu sein .
88. 11—13. Aufgehoben?).
Von Seiten ausländischer Behörden werden die Polizeibehörden
oder die Behörden der Staatsanwaltschaft zuweilen um vorläufige
Festnahme flüchtiger Personen direkt ersucht, deren Auslieferung dem-
nächst auf diplomatischem Wege beantragt werden soll. Die Polizei-
behörden haben in allen Fällen, in welchen derartigen Gesuchen unter
ihrer Betheiligung entsprochen wird, dem Minister des Innern von
der erfolgten Festnahme unverzüglich Anzeige zu erstatten, Res. 24. Nov.
1881 (M. Bl. S. 244).
Gesetz vom 23. April 1883 (G. S. S. 65), betreffend den Erlaß
polizeilicher Strafverfügungen?) wegen Uebertretungen.
Wir Wilhelm 2c. verordnen auf Grund der §§S. 453 bis 458 der Straf-
prozeßordnung für das Deutsche Reich vom 1. Februar 1877 (N. G. Bl.
S. 253) mit Zustimmung der beiden Häuser des Landtages Unserer Monarchie,
für den ganzen Umfang derselben, was folgt:
§. 1. Wer die Polizeiverwaltung in einem bestimmten Bezirke auszu-
üben hat, ist befugt"), wegen der in diesem Bezirke verübten, in seinen Ver-
1) Vergl. zu diesem Paragraphen auch Str. P. O. s. 102, 104, 105.
2) Durch §§. 102—109 Str. P. O.
3) Wohl zu unterscheiden von den in §§. 127 ff. L. V. G. behandelten poli-
gicchen Verfügungen und den im §. 132 a. a. O. behandelten polizeilichen Zwangs-
rafen.
") Vergl. Ausf. Auw. §§. 1, 2—8, 11, 14—17 (Verfahren, Listen, Formulare 2c.),
unten S. 455 Abs. 1. Ueber die Ausübung oder Nichtausübung dieser Befugniß
steht dem Amts-Anwalt eine Kognition nicht zu; er darf also die Verfolgung nicht
aus dem Grunde ablehnen, weil eine vorläufige Straffestsetzung durch den Polizeiver-
walter zulässig sei, Art. 66 der Geschäftsanweisung für die Amtsanwälte 28. Aug.
1879 (J. M. Bl. S. 260). Auch bei Gesindepolizeiübertretungen ist das gerichtliche
Strafverfahren unabhängig von einem vorausgegangenen polizeilichen Strafverfahren,
E. K. VIII. 137.
Die Zulässigkeit der polizeilichen Festsetzung von Strafen, welche durch Ueber-
tretung des 5. 81 des Krankenversicherungsges. 15. Juni 1883 verwirkt sind,
ist in Gemäßheit des §. 1 des Ges. 23. April 1883 unbedenklich; in Betreff der
Kosten kommt §. 7 zur Anwendung, Res. 4. Aug. 1885.
§. 34 A. E. 14. Nov. 1853 (G. S. S. 935): Der Deichhauptmann ist befugt,
wegen der deichpolizeilichen Uebertretungen die Strafe — bis zu fünf Thalern
Geldbuße oder drei Tagen Gefängniß (jetzt Hast) — vorläufig festzusetzen nach dem
Ges. 14. Mai 1852 (jetzt 23. April 1883). Die vom Deichhauptmann allein, nicht
vom Polizeirichter, festgesetzten Geldstrafen fließen zur Deichkasse.
Die Befugniß zu vorläufigen Straffestsetzungen wegen Eisenbahnpolizei-
Kontraventionen steht nicht den Landräthen zu, sondern den Kgl. Eisenbahn-Direktionen.
Diese Befugniß kann auch auf die Eisenbahn-Betriebs-Inspektoren übertragen werden,
Res. 23. Febr. 1880 (M. Bl. S. 79). Vergl. §. 16 des Organisations-Reglements
für die Staatseisenbahn-Verwaltung 24. Nov. 1879 (M. Bl. 1880 S. 84), dem-
zufolge die Kgl. Eisenbahn-Betriebsämter die Bahnpolizei-Verwaltung in ihren Bezirken
auszuüben haben.
Den Bergbeamten steht die Befugniß zur vorläufigen Straffestsetzung nicht
zu. §. 209 des Bergges. 24. Juni 1865.
Die Befugniß zur vorläusigen Straffestsetzung nach Maßgabe des Ges. 14. Mai
1852 und der Vd. 23. Juni 1867 (jetzt nach Maßgabe des Ges. 23. April 1883)
steht sowohl gegen Ersatz-Reservisten, welche sich der ihnen nach §. 69 Nr. 2
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