Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

452 Abschnitt VI. Vorläufige Straffestsetzung. 
waltungsbereich fallenden Uebertretungen!) die Strafe:) durch Verfügung fest- 
zusetzen, sowie eine etwa verwirkte Einziehung zu verhängen?). Die polizeiliche 
Strafverfügung ist auch gegen Beschuldigte im Alter von 12 bis 18 Jahren 
zulässig). « 
Wird Geldstrafe festgesetzt, so ist zugleich die für den Fall des Unver— 
mögens an die Stelle der Geldstrafe tretende Haft zu bestimmen?). 
Die festzusetzende Geldstrafe darf den Betrag von 50 Mark, die Haft, 
auch wenn sic an die Stelle einer nicht beizutreibenden Geldstrafe tritt, die 
Dauer von drei Tagen nicht überschreiten. Erachtet der Polizeiverwalter eine 
  
Zu Anmerkung 4 auf S. 451. 
des Reichsmilitärges. 2. Mai 1874 auferlegten Kontrolle entziehen, wie gegen Militär- 
pflichtige, welche in den Terminen vor der Ersatzbehörde nicht pünktlich erscheinen, 
§. 24 Nr. 7 der Ersatzordnung (jetzt §. 114 der Wehrordnung 22. Nov. 1888) 
— nicht den Ortspolizeibehörden, sondern den Landräthen zu, da es sich bei den 
in Rede stehenden Vorschriften nicht um lokale, sondern um landespolizeiliche Anord- 
nungen handelt und mithin dieselben Grundsätze zur Anwendung kommen, wie bei 
den Berg-, Eisenbahn-, Kanal- und Chaussee-Polizeikontraventionen. Die Führung 
der Stammrollen ist durch §. 31 des Reichsmilitärges. den Gemeinden oder gleich- 
artigen Verbänden übertragen und dementsprechend steht die Befugniß zur Festsetzung 
der Strafe im Betrage bis zu 30 Mark oder Haft bis zu drei Tagen, welche der 
§. 23 Nr. 10 der Ersatzordnung (jetzt §. 25 Nr. 11 der Wehrordnung 22. Nov. 
1888) für die Unterlassung der Meldung zur Stammrolle oder zur Berichtigung der- 
selben androhen, den Ortspolizeibehörden zu, Res. 28. März 1877 (M. Bl. 
S. 150). 
Das Ges. 14. Mai 1852 (jetzt 23. April 1883) findet bei Chaussee-Polizei= 
Kontraventionen zwar Anwendung, nach §. 1 jenes Ges. sind aber, da es sich um 
landespolizeiliche Anordnungen handelt, in keinem Falle die Verwalter der Orts- 
Polizei (sowenig der städtischen wie der ländlichen), sondern nur die Landräthe oder 
die künftighin mit Ausübung der Chausseeverwaltung in einem besonderen Bezirke 
zu beauftragenden Behörden befugt, vorläufige Straffestsetzungen wegen Chaussee- 
Polizei-Kontraventionen zu treffen, Res. (an sämmtliche Regierungen ausschließlich Trier, 
Vachen, Köln und Sigmaringen) 13. Dez. 1859 (M. Bl. S. 336). Dasselbe gilt 
von Kanal-Polizei-Kontraventionen, Res. 13. Jan. 1862 (M. Bl. S. 27). Die 
ländlichen Polizeiverwalter in den östlichen Provinzen sind zur vorläufigen Straffest- 
setzung wegen Eisenbahn-, Berg= und Chaussee-Polizei-Kontraventionen nicht 
befugt, Res. 24. Aug. 1857 (M. Bl. S. 170). 
Wenn der Polizeiverwalter seine Kompetenz überschritten hat, die von ihm er- 
lassene Strafverfügung aber vollstreckbar geworden ist, so darf die vorgesetzte Ver- 
waltungsbehörde jene Verfügung nicht ohne Weiteres als nichtig aufheben; es steht 
ihr vielmehr nur das Recht zu, die Aussetzung des Strafverfahrens anzuordnen und 
der Staatsanwaltschaft Kenntniß zu geben, damit diese eine gerichtliche Verfolgung 
der in Rede stehenden strafbaren Handlung eintreten lasse. In der hierauf eintretenden 
Untersuchung ist sodann die Aufhebung der polizeilichen Straffestsetzung durch Er- 
kenntniß auszusprechen und daneben die in der Sache selbst sich ergebende Entscheidung 
zu treffen, Res. 23. Sept. 1854 (M. Bl. S. 232). 
1) Dahin gehören auch die durch frühere Gesetze oder Verordnungen, die neben 
dem Reichs-Strafgesetz-Buche gemäß Einf. Ges. 31. Mai 1870 §. 2 Abs. 2 in Kraft 
geblieben sind, mit Gefängnißstrafe bis höchstens 6 Wochen (F. 334 des Str. G. B. 
14. April 1851) bedrohten Handlungen, Res. 28. Dez. 1870 (J. M. Bl. S. 380). 
2) Nur Geld= oder Haftstrafe, nicht etwa Ueberweisung an die Landespolizeibehörde 
Vergl. im Uebrigen Ausf. Anw. §. 9 unten S. 457 und Res. 23. Mai 1864 
(J. M. Bl. S. 286). Der Mindestbetrag der Haftstrafe ist ein Tag, zu 24 Stunden 
erechnet. 
Vergl. Str. P. O. §. 453 und Ausf. Anw. S. 18 unten S. 458. 
) Die Polizeibehörde hat in diesem Falle vorher festzustellen, ob der Beschuldigte 
bei Begehung der Handlung die zur Erkenntniß ihrer Strafbarkeit erforderliche Einsicht 
besessen habe, R. Str. G. B. 8§. 56, 57. 
5) R. Str. G. B. 88. 18, 27, 28; Ausf. Anw. §. 9 unten S. 457.
	        
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