Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt VI. Vorläufige Straffestsetzung. 455 
In diesem Falle ist während des gerichtlichen Verfahrens die Voll- 
streckung der Strafverfügung einzustellen; erfolgt eine rechtskräftige Verur- 
theilung wegen eines Vergehens oder Verbrechens, so tritt die Strafverfügung 
außer Kraft. 
§. 11. Gegen Militärpersonen dürfen die Polizeibehörden Strafen nur 
wegen solcher Uebertretungen festsetzen, zu deren Aburtheilung im gerichtlichen 
Verfahren die ordentlichen Gerichte zuständig 1) sind. Eine Festsetzung von Haft 
E# den Fall des Unvermögens (§. 1 Abs. 2) findet durch die Polizeibehörde 
nicht statt. 
§. 12. Das gegenwärtige Gesetz tritt am 1. Juli 1883 in Kraft und 
in denjenigen Landestheilen, in welchen zur Zeit das Gesetz vom 14. Mai 1852 
Geltung hat, an die Stelle dieses Gesetzes und der dasselbe ergänzenden Be- 
stimmungen. 
Von diesem Tage ab sind für das weitere Verfahren in denjenigen Sachen, 
in welchen eine peinliche Strafverfügung noch nicht behändigt ist, die Vorschriften 
des gegenwärtigen Gesetzes maßgebend. 
§. 13. Die Minister des Innern und der Justiz haben die zur Aus- 
führung dieses Gesetzes erforderlichen reglementarischen Bestimmungen zu erlassen. 
  
  
Anweisung vom 8. Jnni 1883 zur Ausführung des Gesetzes vom 23. April 
1883, betreffend den Erlaß polizeilicher Strafverfügungen wegen Uebertretungen 
(M. Bl. S. 152). 
§. 1. Die Befugniß zum Erlasse der polizeilichen Strafverfügung steht derjenigen 
Person oder derjenigen Behörde, welche die Polizei-Verwaltung in einem bestimmten 
Bezirke auszuüben hat, wegen der in diesem Bezirke innerhalb ihres Verwaltungs- 
bereichs begangenen Uebertretungen zu. 
Ist gesetzlich die Verwaltung der Polizei für einzelne Gegenstände, wie die der 
Hafen-, Strom- und Schiffahrtspolizei2?), die Deich-, Eisenbahn= und 
Chausseepolizei, nicht der Polizeibehörde des Orts, sondern einer besonderen Be- 
hörde übertragen, so gebührt nur dieser die Befugniß zur polizeilichen Strafverfügung 
wegen der innerhalb ihres Bezirks begangenen Uebertretungen derjenigen Strafvor- 
schriften, welche die ihr übertragene besondere Polizei-Verwaltung betreffen. 
Ansgeschlossen von der polizeilichen Strafverfügung sind die im 5. 2 des Gesetzes 
ausgeführten Uebertretungen, für deren Aburtheilung die Rheinschiffahrtsgerichte (Ges. 
8. März 1879, G. S. S. 129) oder die Elbzollgerichte (Ges. 9. März 1879, 
G. S. S. 132) zuständig sind, sowie diejenigen, für deren Aburtheilung Gewerbe- 
gerichte als besondere Gerichte gemäß §. 14 Nr. 4 des Gerichtsverfassungs-Gesetzes 
vom 27. Januar 1877 zuständig sind (Verordnung die Gewerbegerichte in der Rhein- 
provinz betreffend, vom 7. Aug. 1846, G. S. S. 403), endlich die der bergpolizeilichen 
Vorschristen, welche durch §. 209 des Allgemeinen Berggesetzes für die Preußischen 
Staaten vom 24. Juli 1865 (G. S. S. 705) von dem administrativen Strafver= 
fahren ausgeschlossen sind. 
Der Erlaß einer polizeilichen Strafverfügung findet ferner nicht statt bei Zu- 
widerhandlungen gegen das Forstdiebstahlsgesetz vom 15. April 1878 (G. S. S. 221), 
da die in diesem angedrohte Freiheitsstrafe, auch wenn sie nur an die Stelle einer 
Geldstrafe tritt, nicht in Haft, sondern in Gefängniß besteht. 
1) d. h. nur, wenn die Kontravention lediglich mit Geldbuße oder Konfiskation 
bedroht ist (z. 11 der Mil. St. P. O. 3. April 1845, G. S. S. 287), 88. 3, 269 
u. Ausf. Anw. 8. 22. 
2:) Die Verwaltung der Strom-, Schiffahrts-, Flößerei= und Hafenpolizei kann 
Seitens der Regierungs-Präsidenten an örtlich zuständige Wasserbauinspektoren über- 
tragen werden, welche letztere dadurch auch die Befugniß zu polizeilichen Straffest- 
setzungen nach Maßgabe des Ges. 23. April 1883 erhalten, Res. 12. März 1884 
(M. Bl. S. 208).
	        
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