Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt VI. Verhaftungen durch die Wachen. 485 
Allerhöchste Ordre, betreffend die Verhaftungen und vorläufigen 
Festnahmen durch die Wachen. 
Vom 29. Januar 1881 (M. Bl. S. 60). 
Auf Ihren gemeinschaftlichen Bericht vom 8. Dezember v. Is. genehmige Ich, 
unter Aufhebung der Instruktion vom 27. Juli 1850, die hierbei zurückerfolgende 
Instruktion für die Wachen in Hinsicht der von ihnen vorzunehmenden Verhaftungen 
und vorläufigen Festnahmen, und beauftrage Sie, den Kriegsminister demgemäß das 
Weitere zu veranlassen. 
Instruktion für die Wachen in Hinsicht der von ihnen vorzunehmenden 
Verhaftungen und vorläufigen Festnahmen. 
s. 1. Die jedesmal zum gewöhnlichen oder außergewöhnlichen Wachtdienst kom- 
mandirten Offiziere und Mannschaften, einschließlich der Offiziere du jour und der 
Ronde-Offiziere, sind zur Verhaftung, sowie zur vorläufigen Festnahme einer Person 
in folgenden Fällen und unter Beobachtung nachstehender Vorschriften befugt und ver- 
pflichtet. 
Verhaftung. 
§. 2. Die Verhaftung einer Person dürfen die Wachen nur kraft eines schrift- 
lichen Haftbefehls des Richters vornehmen. 
Vorläufige Festnahme. 
§. 3. Die vorläufige Festnahme einer Person durch die Wachen kann ohne 
richterlichen Befehl erfolgen. 
Sie erfolgt aus eigener Machtvollkommenheit der Wachen in folgenden 
Fällen: 
1. wenn eine Person bei Ausführung einer strafbaren Handlung oder gleich nach 
derselben betroffen oder verfolgt wird, und wenn zugleich diese Person der Flucht ver- 
dächtig ist oder ihre Persönlichkeit nicht sofort festgestellt werden kann; 
2. wenn Unteroffiziere und Gemeine nach dem Zapfenstreich außerhalb ihres 
Quartiers betroffen werden, ohne sich im Dienst zu befinden oder ohne besondere Er- 
laubniß erhalten zu haben. 
§. 4. Aus eigener Machtvollkommenheit werden ferner von den Wachen vorläufig 
sfestgenommen Personen, welche sich den Wachen thätlich widersetzen, sie insultiren oder 
beleidigen, oder ihren Anordnungen nicht Folge leisten, außer den Fällen des §. 3, 
wenn entweder anzunehmen ist, daß der Thäter mangels der Festnahme in seinem 
strafbaren Verhalten fortfahren werde, oder wenn es auf Stillung eines Tumuslts, 
Zerstreuung von Aufläufen, Schlichtung von Schlägereien oder Verhinderung eines 
die öffentliche Ruhe störenden Straßenunfugs ankommt. 
§5. 5. Auf Gesandte fremder Höfe und die zur Gesandtschaft gehörigen Personen 
erstreckt sich die Befugniß der Wachen zur vorläufigen Festnahme nicht. 
§5. 6. Wachen sind nicht befugt, aus eigener Machtvollkommenheit und ohne von 
einem höheren Militärvorgesetzten den Befehl dazu erhalten zu haben, einen Offizier 
festzunehmen, es sei denn, daß 
1. ein Offizier sich augenscheinlich eines Verbrechens im Allgemeinen oder gegen 
die Wache selbst schuldig macht; 
2. ein Offizier sich außer Uniform, d. i. in Civilkleidern befände und sich den 
Anordnungen der Wache widersetzte, in welchem Falle er wie jede Civilperson be- 
handelt wird. 
5. 7. Das Recht, in den gesetzlich zulässigen Fällen die vorläufige Festnahme 
einer Person den Wachen zu befehlen, haben die denselben vorgesetzten Offiziere, 
nämlich: der kommandirende General, der Gouvernenr, der Kommandant, oder der 
deren Funktionen versehene Offizier, die Offiziere du jour und, insoweit die Ronde- 
Offiziere im Verhältniß eines Vorgesetzten gegenüber den Wachen sich befinden, auch 
die Ronde-Osfiziere. Z 
Sobald diese den Wachen vorgesetzten Offiziere die vorläufige Festnahme einer Person 
befehlen, muß dieselbe ohne weitere Prüfung auf die Gefahr des Befehlenden erfolgen.
	        
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