486 Abschnitt VI. Verhaftungen durch die Wachen.
§. 8. Wird von der Polizeibehörde oder anderen Beamten, welchen nach den be.
stehenden Gesetzen die Pflicht obliegt, Verbrechen und Vergehen nachzuforschen, in-
sonderheit von den zur Aufrechterhaltung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit bestellten
Polizeibeamten, Gendarmen, Schutzmännern, Nachtwächtern u. s. w. vermöge ihres
Amtes auf vorläufige Festnahme einer Person angetragen, so erfolgt dieselbe gleichfalls
ohne weitere Prüfung auf die Gefahr des Nequirenten.
§. 9. Privatpersouen, welche Jemand bei Ausführung einer strafbaren Handlung
oder gleich nach derselben betrefsen oder verfolgen, sind befugt, die Wachen um deren
Unterstützung Behufs der vorläufigen Festnahme zu ersuchen, wenn der Thäter flieht
oder der Flucht verdächtig ist, oder wenn dessen Persönlichkeit nicht sofort festgestellt
werden kann.
Einem solchen Ansuchen ist jedoch, wo nicht augenscheinliche Gefahr im Verzuge
obwaltet, nur dann Statt zu geben:
a) wenn der Ansuchende nach den Umständen außer Stande ist, die Hülfe der
Polizei zeitig genug in Anspruch zu nehmen, oder, wenn er versichert, daß keine poli-
zeiliche Hülfe zur Hand sei;
b) wenn, wie z. B. bei bedeutenden Schlägereien in Wirthshäusern, aus der Ver-
anlassung zu dem Ansuchen sich entnehmen läßt, daß die Polizei nicht im Stande
sein würde, ohne Unterstützung des Militärs die vorläufige Festnahme vorzunehmen.
Wenn dem Gesuche stattgegeben wird, so muß der Ansuchende die Wache an den
Ort führen, wo die vorläufige Festnahme erfolgen soll, und dort die festzunehmende
Person bestimmt bezeichnen.
Der Festgenommene wird auf Gefahr des Antragenden zur Wache abgeführt.
Der Antragende muß sich nöthigenfalls über seine Person gehörig ausweisen. Kann
er dies nicht, so muß er der Wache folgen und im Wachthause, ohne jedoch als Arrestant
behandelt zu werden, so lange verweilen, bis der schleunigst herbeizurufende Polizei-
beamte das Weitere veranlaßt.
Durchsuchungen.
§. 10. Zu Durchsuchungen Behufs vorläufiger Festnahme einer Person sind die
Wachen nur auf Requisition des Richters, der Staatsanwaltschaft oder der Hulfs-
beamten der Staatsauwaltschaft befugtt9.
Zu den von Militärpersonen benutzten Wohnungen darf den Militärvorgesetzten
oder deren Beauftragten der Zutritt nicht versagt werden.
Verfahren zur Nachtzeit.
§. 11. Das Eindringen in die Wohnung während der Nachtzeit ist verboten.
Folgende Ausnahmen finden statt:
1. Wachen dürfen zur Nachtzeit in eine Wohnung eindringen, wenn sie bei Ver-
folgung auf frischer That, oder bei Gefahr im Verzuge, oder dann, wenn es sich um
die Wiederergreifung eines entwichenen Gefangenen handelt, von der zuständigen Be-
hörde (§. 10) zur Hülfsleistung zugezogen werden.
2. Es darf der Zutritt zu den von Militärpersonen benutzten Wohnungen den
Militärvorgesetzten oder Beauftragten Behufs Vollziehung dienstlicher Befehle auch zur
Nachtzeit nicht versagt werden.
Das Verbot, in eine Wohnung zur Nachtzeit einzudringen, begreift ferner:
3. nicht die Fälle einer Feuers= oder Wassersnoth, einer Lebensgefahr oder eines
aus dem Innern der Wohnung hervorgegangenen Ansuchens;
es bezieht sich endlich:
4. nicht auf die Räume, welche zur Nachtzeit Jedermann zugänglich sind.
Die Nachtzeit umfaßt für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. März die Stunden
von 9 Uhr Abends bis 6 Uhr Morgens und für die Zeit vom 1. April bis 30. Sept.
die Stunden von 9 Uhr Abends bis 4 Uhr Morgens.
1) Welche Polizei= und Sicherheitsbeamten in den einzelnen Garnisonen als
Hülfsbeamte der Staatsanwaltschaft fungiren (55. 10 und 11) ist durch Anfrage bei
der Letzteren oder bei der Ortspolizeibehörde von dem Gouverneur bezw. dem Kom-
mandanten oder dem dessen Funktionen versehenden Offizier festzustellen und durch
Garnisonbefehl bekannt zu machen.