Abschnitt VI. Polizeiliches Einschreiten gegen Militärs. 489
der ürrr Bewachung anvertrauten Personen oder Sachen nöthigeufalls der Waffen
zu bedienen.
8. 7. Das Militär hat von seinen Waffen nur in so weit Gebrauch zu machen,
als es zur Erreichung der in den vorstehenden §§. 2—6 angegebenen Zwecke erforder-
lich ist. Der Gebrauch der Schußwaffe tritt nur dann ein, wenn entweder ein be-
sonderer Befehl dazu ertheilt worden ist, oder wenn die anderen Waffen unzureichend
erscheinen. Der Zeitpunkt, wenn der Waffengebrauch eintreten soll, und die Art
und Weise seiner Anwendung muß von dem handelnden Militär jedesmal selbst er-
wogen werden.
§. 8. Wird das Militär zum Beistand einer Civilbehörde kommandirt, so hat
nicht die letztere, sondern das Militär und dessen Befehlshaber zu beurtheilen, ob und
in welcher Art zur Anwendung der Waffen geschritten werden soll. Die Cidvil-
Behörde aber muß in jedem Falle, in welchem sie die Hülfe des Militärs nachsucht,
den Gegenstand und den Zweck, wozu sie verlangt wird, so bestimmt angeben, daß
von Seiten des Militärs die Anordnungen mit Zuverlässigkeit getroffen werden können.
§. 9. Wenn Jemand durch Anwendung der Waffen von Seiten des Militärs
verletzt worden, so liegt dem letzteren ob, sobald die Umstände es irgend zulassen, die
nächste Polizei-Behörde davon zu benachrichtigen; die Polizei-Behörde ihrerseits ist
verpflichtet, die Sorge für die Verletzten zu übernehmen und die erforderlichen ge-
richtlichen Einleitungen zu veranlassen.
§. 10. Daß beim Gebrauche der Waffen das Militär innerhalb der Schranken
seiner Befugnisse gehandelt habe, wird vermuthet, bis das Gegentheil erwiesen ist.
Die Angaben derjenigen Personen, welche irgend eine Theilnahme an dem, was das
Einschreiten der Militärgewalt herbeigeführt hat, schuldig oder verdächtig sind, geben
für sich allein keinen zur Anwendung einer Strafe hinreichenden Beweis für den
Mißbrauch der Waffengewalt.
§. 11. Bei Aufläufen und Tumulten kommt außer den Vorschriften dieses
Gesetzes die Verordnung vom 17. August 1835 zur Anwendung.
Allerh. Kab.-Ordre vom 6. Dez. 1855 (Militär-Gesetz-Sammlung
B8. V. S. 371), betreffend die Verhältnisse der erekutiven Polizei bei
ihrem Einschreiten gegen Offiziere, Unterofsziere und Gemeine
der Armee.
Die Vorschläge der durch Meinen Erlaß vom 4. Sept. c. niedergesetzten
Kommission zur Regelung der Verhältnisse der exekutiven Polizei bei ihrem
Einschreiten gegen Offiziere, Unteroffiziere und Gemeine der Armee, sind Mir
am 24. v. M. durch den General-Feldmarschall Grafen zu Dohna eingereicht
worden. Je mehr ich diesen Vorschlägen, welche insbesondere die Wieder-
herstellung des früher in Berlin bestandenen guten Vernehmens zwischen Militär
und Polizei bezwecken, Meinen ganzen Beifall zolle, desto mehr ist es Mein
Wille, daß danach unverzüglich verfahren werde. Deshalb beauftrage Ich Sie,
das für diesen Zweck Erforderliche in Ihren Ressorts zu veranlassen, es sei
denn, Sie fänden sich noch zu besonderen Bemerkungen aufgefordert, deren
Einreichung Ich in diesem Falle Mich nicht verschließen will. Auch haben Sie
darauf vorzüglich zu achten, daß ein Zuwiderhandeln gegen die in den gedachten
Vorschlägen aufgestellten Prinzipien, von welcher Seite es auch geschehen möge,
unnachsichtlich gerügt und bestraft werde, daß die Militär= und Polizeibehörden
den Ausfall der etwa vorkommenden Bestrafungen sich ungesäumt mittheilen,
und daß, sollten in dieser Beziehung Versäumnisse und Vernachlässigungen sich
ergeben, von den vorgesetzten Instanzen nachdrücklich eingeschritten wird, da
nur auf diesem Wege, nach Wiederherstellung der früher bestandenen Ueber-
einstimmung zwischen Militär und Polizei, dieser Zustand dauernd erhalten
werden kann.