540 Abschnitt VII. Gendarmerie in den neu erworbenen Landestheilen.
obliegenheiten erleichtern können. Namentlich müssen ihnen die eingegangenen Steck-
briefe allemal schleunigst vorgezeigt und auf Erfordern mitgetheilt werden.
§. 20. Die Militärvorgesetzten haben über die Führung und Erfüllung der
Dienstobliegenheiten der Gendarmen von den denselben vorgesetzten Civilbehörden, be-
sonders in Rücksicht auf Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Umsicht genaue Auskunft
einzuziehen, die befundenen Mängel abzustellen und dabei die Bemerkungen dieser Be-
hörden pflichtmäßig zu berücksichtigen.
Wenn ein Gendarm zu einer ihn aus seinen Dienstverrichtungen entfernenden
Untersuchung oder Strafe gezogen werden soll, so muß der Militärvorgesetzte mit der
Dienstbehörde des Gendarmen wegen dessen Ersetzung Rücksprache und auf ihre Er-
klärung Rücksicht nehmen.
§. 21. Da übrigens die Gendarmerie in ihren Dienstobliegenheiten und in
Beziehung auf deren Anordnungen und Ausführungen lediglich unter den betreffenden
Tivilbehörden und jeder einzelne Gendarm zunächst unter derjenigen steht, welcher er
zur Unterstützung zugewiesen ist (6. 5), so steht dieser Behörde zu, die Gendarmen
in ihrer Dienstführung unmittelbar mit Anweisung zu versehen und zu leiten, sie, wo
sie gefehlt haben, zu belehren. und zurechtzuweisen und darauf zu halten, daß jeder ihr
zugewiesene Gendarm mit seinen Pflichten immer bekannter werde, und letzterer ist
schuldig, den Anweisungen dieser Behörde unbedingt Folge zu. leisten. Die Militär-
vorgesetzten haben daher die Amtsverrichtungen der den Civilbehörden überwiesenen
Gendarmen nicht anders, als wenn etwa bei den Dienstleistungen selbst ein Offizier
das Kommando führt, zu leiten; im Allgemeinen müssen sie jedoch die Gendarmen
auch in Ansehung der Pürktlichkeit, Angemessenheit und Pflichttreue in ihrer Dienst-
führung sorgfältig kontrolliren und darauf achten, daß sie den Gesetzen und den An-
weisungen der Dienstbehörde vollständig Folge leisten.
Die Civil-Dienstbehörde hat zwar auch selbst bei bloßen Disziplinarvergehungen
kein Strafrecht über die Gendarmen, wohl aber die Befugniß, wenn Zurechtweisungen
nicht gefruchtet haben, oder bei Ungehorsam und Verletzung der ihr schuldigen Achtung
und Folgsamkeit, zur Disziplinarbestrafung durch den Militärvorgesetzten die nöthige
Einleitung zu treffen, oder bei demselben auf Abberufung des Gendarmen anzutragen,
und es muß, sobald im ersteren Falle die Schuld erwiesen ist, dem Antrage genügt,
im zweiten aber die Abberufung unbedingt veranlaßt werden.
§. 22. Die Civilbehörden und die Militärvorgesetzten der Gendarmerie stehen
zu einander überall nicht in subordinirtem Verhältniß, sondern die Offiziere der Gen-
darmerie sind als solche, insofern sie nicht in wichtigen Fällen persönlich zur Anfüh--
rung eines Kommandos oder zu anderen Dienstleistungen für das Civil kommandirt
und deshalb an die näheren Anordnungen der Civilbehörden verwiesen sind, als welchen
Falles sie denselben pünktlich zu folgen haben, bloß ihrem Militärvorgesetzten unter-
geordnet. Die Dienstbehörde ist allein für die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit
der von ihr den Gendarmen ertheilten Aufträge und Anweisungen, die Gendarmen
aber sind nur für deren pünktliche Erfüllung und Ausführung verantwortlich.
Alle anderen als die unmittelbar vorgesetzten Civilbehörden müssen, wenn sie der
Unterstützung der Gendarmerie bedürfen, mit Ausnahme der Fälle, wo Gefahr im
Verzuge ist, ihre Requisitionen und resp. Befehle an die obgedachte Dienstbehörde
richten, welche denselben aber vollständig zu genügen verpflichtet ist.
§. 23. Obgleich die Gendarmerie eine militärische Organisation hat, so steht sie
doch nicht unter dem Generalkommando oder einem anderen Militärbefehlshaber der
Provinz oder des Bezirks, in welchem sie dislocirt ist, mithin auch die in einer Stadt
befindliche Gendarmerie nicht unter dem Gouverneur oder Kommandanten dieser
Stadt, sondern lediglich unter ihren eigenen Militärvorgesetzten und unter der Civil-
dienstbehörde. Es versteht sich aber von selbst, daß die Gendarmerie gleichwohl auf
die Befolgung auch derjenigen Befehle zu achten verbunden ist, welche in einer großen
Stadt oder Festung von dem Gonverneur oder Kommandanten ausgehen.
§. 24. Alle in den im §. 1 bezeichneten Landestheilen bisher bestandenen Ge-
setze und Verordnungen über die Einrichtung der Gendarmerie, beziehungsweise der
Landjäger-Korps, treten außer Kraft. In denjenigen Landestheilen, in welchen die
Gendarmen bisher in ihrer civildienstlichen Thätigkeit nicht unter Civilbehörden, son-
dern auch in dieser Beziehung unter der Leitung ihrer Militärvorgesetzten gestanden