Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt II. Die Preußische Verfassung. 43 
Artikel 71. Auf jede Vollzahl von zweihundert und fünfzig Seelen 
der Bevölkerung ist ein Wahlmann zu wählen 0. [Die Urwähler werden. nach 
Maßgabe der von ihnen zu entrichtenden direkten Staatssteuern in drei Ab- 
theilungen getheilt, und zwar in der Art, daß auf jede Abtheilung ein Dritt- 
theil der Gesammtsumme der Steuerbeträge aller Urwähler fällt.) 
Die Gesammtsumme wird berechnet: .. 
a) gemeindeweise, falls die Gemeinde einen Urwahlbezirk für sich bildet; 
b) bezirksweise, falls der Urwahlbezirk aus mehreren Gemeinden zusammen- 
gesetzt ist. 
Die erste Abtheilung besteht aus denjenigen Urwählern, auf welche die 
Fischten Steuerbeträge bis zum Belaufe eines Drittheils der Gesammtsteuer 
allen. 
Die zweite Abtheilung besteht aus denjenigen Urwählern, auf welche 
die nächst niedrigeren Steuerbeträge bis zur Grenze des zweiten Drittheils 
allen. 
Die dritte Abtheilung besteht aus den am niedrigsten besteuerten Ur- 
wählern, auf welche das dritte Drittheil fällt. 
Jede Abtheilung wählt besonders und zwar ein Drittheil der zu wählen- 
den Wahlmänner. 
Die Abtheilungen können in mehrere Wahlverbände eingetheilt werden, 
deren keiner mehr als fünfhundert Urwähler in sich schließen darf. 
Die Wahlmänner werden in jeder Abtheilung aus der Zahl der stimm- 
berechtigten Urwähler des Urwahlbezirks ohne Rücksicht auf die Abtheilungen 
gewahlt ). 
1) Wegen der neuen Landestheile ck. Art. 3 Ges. 17. Mai 1867 (G. S. 
S. 1481), Vd. 14. Septbr. 1867 (G. S. S. 1482), Ges. 11. März 1869 
(G. S. S. 481). 
2) Art. 71 ist abgeändert durch Ges. 29 Juni 1893 G. S. S. 103), betreffend 
Aenderung des Wahlverfahrens. 
§. 1. Für die Wahlen zum Hause der Abgeordneten werden die Urwähler nach 
Maßgabe der von ihnen zu entrichtenden direkten Staats-, Gemeinde-, Kreis-, Bezirks- 
und Provinzialsteuern in drei Abtheilungen getheilt, und zwar in der Art, daß auf 
jede Abtheilung ein Drittheil der Gesammtsumme der Steuerbeträge aller Ur- 
wähler fällt. 
Für jede nicht zur Staatseinkommensteuer veranlagte Person ist an Stelle dieser 
Steuer ein Betrag von drei Mark zum Ansatz zu bringen. 
§. 2. Urwähler, welche zu einer Staatssteuer nicht veranlagt sind, wählen in 
der dritten Abtheilung. 
Verringert sich in Folge dessen die auf die erste und zweite Abtheilung ent- 
fallende Gesammtsteuersumme, so findet die Bildung dieser Abtheilungen in der Art 
statt, daß von der übrig bleibenden Summe auf die erste und zweite Abtheilung je 
die Hälfte entfällt. Z 
§. 3. Wo direkte Gemeindesteuern nicht erhoben werden, treten an deren Stelle 
die vom Staat veranlagte Grund-, Gebäude= und Gewerbesteuer. 
§. 4. Auch in Gemeinden, welche in mehrere Urwablbezirke getheilt sind, wird 
für jeden Urwahlbezirk eine besondere Abtheilungsliste gebildet. 
§. 5. In den Stadt= und Landgemeinden, in welchen die Bildung der Wähler- 
abtheilungen für die Wahlen zur Gemeindevertretung nach dem Maßstabe direkter 
Steuern stattfindet, werden diese Abtheilungen fortan allgemein in der durch die 88. 1 
bis 3 für die Wahlen zum Hause der Abgeordneten vorgeschriebenen Weise gebildet. 
Unberührt bleiben die Bestimmungen der Gemeindeverfassungsgesetze, nach denen 
die Ausübung des Wahlrechts an die Entrichtung bestimmter Steuersätze geknüpft ist 
oder geknüpft werden kann. 
§. 6. Alle diesem Gesetz entgegenstehenden Bestimmungen, insbesondere das 
Gesetz, betreffend Aenderung des Wahlverfahrens, vom 24. Juni 1891 (G. S. S. 231) 
werden aufgehoben. 
§. 7. Bis zum Erlaß des Wahlgesetzes werden die Bestimmungen der Art. 71 
und 115 der Verfassungsurkunde, soweit sie den vorstehenden Bestimmungen entgegen- 
stehen, außer Kraft gesetzt. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.