626 Abschnitt IX. Strafgesetzbuch. Diebstahl und Unterschlagung.
3. der Diebstahl dadurch bewirkt wird, daß zur Eröffnung eines Gebäudes
oder der Zugänge eines umschlossenen Raumes, oder zur Eröffnung der
im Innern befindlichen Thüren oder Behältnisse falsche Schlüssel!) oder
andere zur ordnungsmäßigen Eröffnung nicht bestimmten Werkzeuge au-
gewendet werden; Z 4 Z
4. auf einem öffentlichen Wege, einer Straße, einem öffentlichen Platze,
einer Wasserstraße oder einer Eisenbahn, oder in einem Postgebäude
oder dem dazu gehörigen Hofraume, oder auf einem Eisenbahnhofe
eine zum Reisegepäck oder zu anderen Gegenständen der Beförderung
gehörende Sache mittels Abschneidens oder Ablösens der Befestigungs-
oder Verwahrungsmittel, oder durch Anwendung falscher Schlüssel oder
anderer zur ordnungsmäßigen Eröffnung nicht bestimmter Werkzeuge
gestohlen wird; „ #„ Z„
5. der Dieb oder einer der Theilnehmer am Diebstahle bei Begehung der
That Waffen führt; *-1 .
6. zu dem Diebstahle Mehrere mitwirken, welche sich zur fortgesetzten?)
Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden haben, oder
7. der Diebstahl zur Nachtzeit s) in einem bewohnten Gebäude, in welches
sich der Thäter in diebischer Absicht eingeschlichen, oder in welchem er
sich in gleicher Absicht verborgen hatte, begangen wird, auch wenn zur
Zeit des Diebstahls Bewohner in dem Gebäude nicht anwesend sind.
Einem bewohnten Gebäude werden der zu einem bewohnten Gebäude
gehörige umschlossene Raum und die in einem solchen befindlichen Ge-
bäude jeder Art, sowie Schiffe, welche bewohnt werden, gleich geachtet.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter
drei Monaten ein.
§. 244. Wer im Inlande als Dieb, Näuber oder gleich einem Räuber
oder als Hehler bestraft worden ist, darauf abermals eine dieser Handlungen
begangen hat, und wegen derselben bestraft worden ist, wird, wenn er einen
einfachen Diebstahl (§. 242) begeht, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren, wenn
er einen schweren Diebstahl (5. 243) begeht, mit Zuchthaus nicht unter zwei
Jahren bestraft. Z Z Z
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt beim einfachen Diebstahl
Gefängnißstrafe nicht unter drei Monaten, beim schweren Diebstahl Gefängniß-
strafe nicht unter einem Jahre ein.
§. 245. Die Bestimmungen des S8. 244 finden Anwendung, auch wenn
die früheren Strafen nur theilweise verbüßt oder ganz oder theilweise erlassen
sind, bleiben jedoch ausgeschlossen, wenn seit der Verbüßung oder dem Erlasse
der letzten Strafe bis zur Begehung des neuen Diebstahls zehn Jahre ) ver-
flossen sind.
. 246. Wer eine fremde bewegliche Sache, die er in Besitz oder Ge-
wahrsam hat, sich rechtswidrig zueignet, wird wegen Unterschlagung mit Ge-
fängniß bis zu drei Jahren und, wenn die Sache ihm auvertraut ist, mit Ge-
fängniß bis zu füuf Jahren bestraft.
1) Auch Nachschlüssel des Vermiethers, E. Crim. XI. 436, sowie die verlorenen,
von Unberechtigten gefundenen Schlüssel, Rechtspr. X. 341.
2) Im §. 243 Ziff. 6 Str. G. B. ist unter fortgesetzter Begehung von Diebstahl
im Gegensatz zu der Verabredung mehrerer zu einem oder mehreren bestimmten
Vergehen (Komplott) eine Verbindung gemeint, welche auf die Verübung einer Mehrzahl
nicht individnell bestimmter Diebstähle 2c. 2c. ausgeht (Bande), Erk. 11. Juli 1887
(E. Crim. XVI. 173). 6
« 3) Die Nachtzeit im Sinne des §. 243 Nr. 7 beginnt mit dem Eintritt der
Dunkelheit und hört auf beim Beginn der Morgendämmerung, Erk. R. G. 23. Dez.
1880 (E. Crim. III. 209). 1 *
4) Der in dem früheren Urtheile neben der erkannten Freiheitsstrafe ausge-
sprochene Verlust der bürgerlichen Ehreurechte ist als eine Strafe zu betrachten, von
deren Verbüßung ab die zehnjährige Diebstahlsverjährungsfrist des §s. 245 zu de-
rechnen ist, Erk. 23. Sept. 1886 (E. Crim. XIV. 413).