638 Abschnitt IX. Strafgesetzbuch. Strafbarer Eigennutz.
Jagd ausübt, wird mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Ge-
fängniß bis zu drei Monaten bestraft. · « Z
Ist der Thäter ein Angehöriger des Jagdberechtigten, so tritt die. Ver-
folgung nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.
§. 293. Die Strafe 1) kann auf Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder
auf Gefängniß bis zu sechs Monaten erhöht werden, wenn dem Wilde nicht
mit Schießgewehr oder Hunden, sondern mit Schlingen Netzen, Fallen oder
anderen Vorrichtungen nachgestellt oder, wenn das Vergehen während der ge-
setzlichen Schonzeit?), in Wäldern, zur Nachtzeit?) oder gemeinschaftlich von
Mehreren begangen wird. ô Z Z
§. 294. Wer unberechtigtes Jagen gewerbsmäßig") betreibt, wird mit
Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft; auch kann auf Verlust der
bürgerlichen Ehrenrechte, sowie auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt
werden.
§. 295. Neben der durch das Jagdvergehen verwirkten Strafe ist auf
Einziehung') des Gewehrs, des Jagdgeräths“) und der Hunde, welche der
Zu Anmerkung 5 auf S. 637.
Erk. 19. Nov. 1885 (E. Crim. XIII. 84). Ein nach dem Gesetze der Natur ab-
geworfenes Geweih ist eine für sich bestehende Sache, welche dem Jagdrechte nur durch
besondere gesetzliche Vorschriften unterworfen werden kann, O. R. XVI. 445, 664.
Jeder Eingriff in die Okkupationsbefugnisse des Jagdberechtigien ist unberechtigte
Ausübung der Jagd im Sinn des 5§. 292 und es besteht begrifflich kein Unterschied
zwischen unbefugter Jagdausübung im eigentlichen Sinne des Wortes und anderen
Arten der Besitzergreifung von Wild durch Fangen in Schlingen, Netzen, Fallen,
durch einfache Ansichnahme des Wildes ohne vorgängige Verfolgung, durch Ausnahme
der Jungen oder durch Aneignung des todten Wildes, des sogenannten Fallwildes,
Erk. 14. Febr. 1887 (E. Crim. XV. 268). Das von dem Grundeigenthümer oder
mit dessen Erlaubniß von einem Dritten vorgenommene Jagen auf einem Grund-
stücke, auf welchem die Ausübung des Jagdrechtes zu ruhen hat, ist nicht aus §. 292
Str. G. B., sondern aus dem Jagdpolizeigesetze zu bestrafen, Erk. 8. Nov. 1888
(E. K. IX. 261). »
Das Behalten und Verwerthen des Wildes gehört nicht zu dem Begriffe des
Jagdvergehens; auch derjenige, welcher nur aus Freude an der Jagd das Wild erlegt
und es liegen läßt und derjenige, welcher Wild tödtet oder zu tödten sucht, um Wild-
schaden von sich abzuwenden, fällt, wenn er bewußt rechtswidrig handelt, d. h. an
Orten jagt, wo er, wie ihm bekannt, zu jagen nicht berechtigt ist, unter die Straf-
bestimmung des §. 292 und zwar, wenn es durch Auslegen vergifteten Köders ge-
schieht, unter die des §. 293, Erk. 23. Sept. 1886 (E. Crim. XIV. 419).
Wilde Kaninchen sind, nach einem Erk. R. G. III. Strafsen. 19. Okt. 1893,
in Preußen überhaupt keine jagdbaren Thiere; ihr Jagen oder das Nachstellen
durch Schlingen r2c. ist nicht als Jagdvergehen (ss. 292, 293 Sir. G. B.) zu be-
strafen. Durch das Preuß Wildschadensges. 11. Juli 1891 aber, bezw. durch die
auf Grund dessen erlassenen Polizei-Vd. ist es verboten, bezw. unter Strafe gestellt,
den wilden Kaninchen mit Schlingen nachzustellen.
) Die Anwendung des §. 293 wird nicht durch den Strafantrag des Verletzten
bedingt, Erk. O. Trib. 14. Febr. 1873 (E. LXIX. 1), Erk. R. G. 23 Juni 18381
(E. Crim. IV. 330).
2) Die unbefugte Fortnahme von Fallwild während der gesetzlichen Schonzeit
ist nicht als Jagdvergehen während der Schonzeit aus §. 293 Str. G. B., sondern
als einfaches Jagdvergehen aus F. 292 zu bestrafen, Erk. R. G. 16. Sept. 1886.
„) D. h. hier die Zeit der Dunkelheit, Rechtspr. III. 12; VII. 56.
*!) Das gewerbsmäßige Betreiben des unberechtigten Jagens in seiner Gesammtheit
bildet den Gegenstand der Strafandrohung des §. 294. Er kommt also, wenn auch
mehrere Fälle gewerbsmäßig betriebenen Jagens vorliegen, nur einmal in Anwen-
dung; die Zahl der Fälle kann nur bei Ausmessung der Strafe innerhalb der gesetz-
lichen Grenzen von Einfluß sein, Erk. 23. Jan. 1883 (E. Crim. VIII. 16).
) Hinfichtlich der Vollstreckung der Einziehung vergl. Res. 26. Juni 1854 (M.
Bl. S. 146) und 8. Aug. 1868 (M. Bl. S. 186): Die koufiszirten Gewehre und
Jagdgeräthe sind, falls das Vergehen in einem Kgl. Jangdrevier stattgefunden hat,