Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt 1X. Strafgesetzbuch. Gemeingefährliche Verbrechen. 643 
1. der Brand den Tod eines Menschen dadurch verursacht hat, daß dieser 
zu Zeit der That in einer der in Brand gesetzten Räumlichkeiten sich 
efand, 
2. die Brandstiftung in der Absicht begangen worden ist, um unter Be- 
günstigung derselben Mord oder Raub zu begehen oder einen Aufruhr 
zu erregen, oder 
3. der Brandstifter, um das Löschen des Feuers zu verhindern oder zu 
erschweren, Löschgeräthschaften entfernt oder unbrauchbar gemacht hat. 
§. 308. Wegen Brandstiftung wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren 
bestraft, wer vorsätzlich Gebäude, Schiffe, Hütten, Bergwerke, Magazine, 
Waarenvorräthe, welche auf dazu bestimmten öffentlichen Plätzen lagern, Vor- 
räthe von landwirthschaftlichen Erzeugnissen oder von Bau= oder Brenn- 
materialien, Früchte auf dem Felde, Waldungen oder Torfmoore in Brand 
setzt, wenn diese Gegenstände entweder fremdes Eigenthum sind, oder zwar 
dem Brandstifter eigenthümlich gehören, jedoch ihrer Beschaffenheit und Lage 
nach geeignet sind, das Feuer einer der im §. 306 Nr. 1 bis 3 bezeichneten 
Räumlichkeiten oder einem der vorstehend bezeichneten fremden Gegenstände 
mitzutheilen. 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter 
sechs Monaten ein. 
§. 309. Wer durch Fahrlässigkeit einen Brand der in den §§. 306 und 
308 beczeichneten Art herbeiführt, wird mit Gefängniß bis zu einem Jahre 
oder mit Geldstrafe bis zu neunhundert Mark und, wenn durch den Brand 
der Tod eines Menschen verursacht worden ist, mit Gefängniß von einem 
Monat bis zu drei Jahren bestraft. 
§. 310. Hat der Thäter den Brand, bevor derselbe entdeckt und ein 
weiterer, als der durch die bloße Inbrandsetzung bewirkte Schade entstanden 
war, wieder gelöscht, so tritt Straflosigkeit ein. 
§. 311. Die gänzliche oder theilweise Zerstörung einer Sache durch Ge- 
brauch von Pulver oder anderen explodirenden Stoffen ist der Inbrandsetzung 
der Sache gleich zu achten. * *ê*1' 
§. 312. Wer mit gemeiner Gefahr für Menschenleben vorsätzlich eine 
Ueberschwemmung herbeiführt, wird mit Zuchthaus nicht unter drei Jahren 
und, wenn durch die Ueberschwemmung der Tod eines Menschen verursacht 
worden ist, mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslänglichem 
Zuchthaus bestraft. »»» 
§. 313. Wer mit gemeiner Gefahr für das Eigenthum vorsätzlich eine 
Ueberschwemmung herbeigeführt, wird mit Zuchthaus bestraft. 
Ist jedoch die Absicht des Thäters nur auf Schutz seines Eigenthums ge- 
richtet gewesen, so ist auf Gefängniß nicht unter einem Jahr zu erkennen. 
§. 314. Wer eine Ueberschwemmung mit gemeiner Gefahr für Leben oder 
Eigenthum durch Fahrlässigkeit herbeigeführt, wird mit Gefängniß bis zu 
einem Jahre, und wenn durch die Ueberschwemmung der Tod eines Menschen 
veruracht worden ist, mit Gefängniß von einem Monat bis zu drei Jahren 
estraft. 
§. 315. Wer vorsätzlich Eisenbahnanlagen !), Beförderungsmittel oder 
sonstiges Zubehör derselben dergestalt beschädigt, oder auf der Fahrbahn durch 
falsche Zeichen oder Signale oder auf andere Weise solche Hindernisse bereitet, 
daß dadurch der Transport in Gefahr gesetzt wird, wird mit Zuchthaus bis 
zu zehn Jahren bestraft. 
1) Pferdeeisenbahnen gehören, selbst wenn sie dem allgemeinen Interesse des 
Vublikums dienen, nicht zu den Eisenbahnen im Sinne der §§. 315 und 316, Erk. 
O. Trib. 2. Okt. 1875 (E. LXVI. 374) und R. G. 19. Mai 1885 (E. Crim. 
XII. 205). 
Wohl aber fällt eine von Lokomotiven befahrene Lokaleisenbahn unter die in 
38. 315, 316 genannten Eisenbahnen, Erk. 3. Juli 1884 (E. Crim. XI. 33; XVI. 
431). Desgl. elektrische Eisenbahnen, Erk. 17. Sept. 1885 (E. Crim. XII. 371) 
und Lokomotivbahnen, welche lediglich begrenzten — beispielsweise militärischen Trans- 
port- oder industriellen Zwecken dienen, Erk. 2. März 1886 (E. Crim. XIII. 380). 
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