Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt IX. Strafgesetzbuch. Uebertretungen. 659 
weisen!) sei. Die Landespolizeibehörde erhält dadurch die Befugnip, die ver- 
  
1) Wegen des Verfahrens bei Festsetzung der korrektionellen Nachhaft 2c. vergl. 
Anw. 22. Okt. 1885 weiter unten. 
Die inländischen, mit Haft und Unterbringung in eine Besserungsanstalt be- 
straften Personen können bis zur näheren Bestimmung wegen ihrer Ueberweisung in 
eine Besserungsanstalt, einstweilen polizeilich detinirt werden. Auch unterliegt es 
keinem Bedenken, ausländische Personen, welche auf Grund des §. 361 und §. 362 
gerichtlich bestraft und zur Ueberweisung an die Landespolizeibehörde verurtheilt sind 
und nach verbüßter Strafe aus dem Reichsgebiete ausgewiesen werden sollen, so lange 
in polizeilicher Haft zu behalten, bis die Vollstreckung der Ausweisung mittels 
Transports durch Einholung der event. erforderlichen zustimmenden Erklärung des 
ausländischen Heimathsstaates möglich gemacht worden ist, Res. 27. April 1857 und 
26. Febr. 1879 (M. Bl. 1879 S. 77). Vergl. Res. 8. Mai 1875 (M. Bl. S. 159). 
Durch Res. 8. Nov. 1879 (M. Bl. 1882 S. 253), sind die Regierungs- 
präsidenten ermächtigt, bis auf Weiteres in denjenigen Fällen, in welchen die 
mittels gerichtlicher Erkenntnisse auf Grund des §. 361 Nr. 3 bis 8 und §. 362 
Str. G. B. der Landespolizeibehörde nach verbüßter Haft überwiesenen Personen nicht 
sofort nach der Entlassung aus der Strafhaft in die Besserungsanstalt abgeführt be- 
ziehungsweise aus dem Bundesgebiet ausgewiesen werden können, sei es, weil die 
diesfällige Beschlußnahme Seitens der Landespolizeibehörde noch nicht hat getroffen 
werden können, sei es, weil die Ausführung des angeordneten Transports 
mit Rücksicht auf die bestehenden Transport--Einrichtungen oder die angeordnete Ent- 
sernung aus dem Bundesgebiet wegen der vorher nöthigen Verhandlungen mit fremden 
Landesregierungen oder Behörden sich verzögert — die durch die Verwahrung 
dieser Personen in einem Polizeigesängnisse entstehenden Kosten auf den Fonds Kap. 95 
Tit. 4 des Staatshausbaltsetats zu übernehmen, vorausgesetzt, daß nicht aus 
einem besonderen Rechtstitel die Verpflichtung eines anderen als der Staatskasse zur 
Tragung dieser Kosten begründet ist. Diese Ermächtigung bezieht sich auf die Kosten 
der Detention derjenigen Personen, welche vom Tage dieser Verfügung ab nach ver- 
büßter Haft der Polizeibehörde bis zur Beschlußnahme der Landespolizeibehörde über 
deren Unterbringung in ein Arbeitshaus oder über deren Ausweisung in Verwahrung 
gegeben werden oder sich bereits zu diesem Zwecke in polizeilichem Gewahrsam be- 
ndeu. 
n Die vorstehende Anordnung findet keine Anwendung, wenn die betr. Detinenden 
wegen Erkrankung nicht in die Besserungsanstalt abgeführt, beziehungsweise ausge- 
wiesen werden können und zum Zwecke ihrer Kur aus der polizeilichen Haft ent- 
lassen werden. In diesem Falle sind sie der Orts-Armenbehörde zu überweisen, die 
dann die Kosten der Verpflegung zu übernehmen hat, vorbehaltlich ihres Regreßan- 
spruches an den zur Fürsorge definitiv verpflichteten Armenverband. 
ie Justizbehörden haben die Verpflichtung, die in Rede stehenden Personen bei 
ihrer Entlassung aus der Strafhaft, auf Rechnung des Justizfonds mit der in Rück- 
sicht auf Jahreszeit, Gesundheit und Sitte unumgänglich nöthigen Bekleidung zu ver- 
sehen; die etwa zum Behuf des Transportes noch erforderliche Ausrüstung fällt der 
Landespolizeibehörde zur Last, Res. 24. Sept. 1878 (M. Bl. S. 251) und 1. Mai 
1883 (M. Bl. S. 162). Die Forderung, daß der zu Entlassende mit Schuhwerk 
zu versehen sei, ist nur dann geltend zu machen, wenn sie in Rücksicht auf die 
Jahreszeit oder die persönlichen Verhältnisse des Entlassenen begründet erscheint. 
Wenn der Transport bei günstiger Jahreszeit und unter Benutzung der Eisenbahn 
erfolgt, der Transportand selbst an das Barfußgehen gewöhnt ist, so hat die Lieferung 
von Schuhwerk in der Regel nicht zu erfolgen, Res. 21. April 1885 (M. Bl. 
S. . 
Wenn Personen, welche auf Grund des §. 362 der Landespolizeibehörde über- 
wiesen sind, während ihrer vorläufigen Unterbringung im Polizeigewahrsam nach ver- 
büßter gerichtlicher Haft erkranken, so hat die betreffende Ortspolizeibehörde von der 
Erkrankung des ihr zur vorläufigen Verwahrung übergebenen Detinenden sofort an 
den Regierungspräfidenten resp. die Regierung auf dem kürzesten Wege Anzeige zu 
erstatten und deren Entscheidung herbeizuführen, ob der Erkrankte aus dem polizeilichen 
Gewahrsam zu entlassen ist oder nicht. Zu diesem Behuf ist dem Berichte ein 
ärztliches Attest beizufügen, welches sich über die Art der Krankheit und ihre muth- 
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