Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt XI. Hausoffizianten. 777 
Allg. Landrecht Th. II. Tit. V. 
II. Von Hausoffizianten?. 
§. 177. Hausoffizianten:), denen nur ein gewisses bestimmtes Geschäft 
in der Haushaltung oder Wirthschaft, oder die Aufsicht über einen gewissen 
Theil derselben aufgetragen wird, müssen durch einen schriftlichen Kontrakt an- 
genommen werden. 
§. 178. Mündliche Verabredungen sind ungültig, wenn auch Miethsgeld 
gegeben und angenommen worden. 
§. 179. Doch muß derjenige Theil, welcher von der mündlichen Verab- 
redung wieder abgehen will, das Miethsgeld fahren lassen oder zurückgeben. 
z. 180. Ist der Dienst auf den Grund eines bloß mündlichen Vertrages 
wirklich angetreten, so kann der eine, so wie der andere Theil, mit Ablauf eines 
1) Die Rechte und Pflichten der Hausoffizianten sind, soweit die 
§§6. 177— 185 A. L. R. nicht besondere Bestimmungen für dieselben ent- 
balten, nach den Vorschriften der Ges. Ord. 8. Nov. 1810 undnicht nach 
den §§. 1— 176 II. 5. A. L. R. zu beurtheilen, Erk. O. Trib. 12. Nov. 1838 
(E. IV. 112). Es haben also die Polizeibehörden Streitigkeiten zwischen Herrschaften 
und Hausoffizianten ebenso zu ihrer Kognition zu ziehen, wie zwischen Gesinde und 
Herrschaft, indem auch bei Hausoffizianten die polizeiliche Vermittelung der Einleitung 
der gerichtlichen Klage vorangeben muß, Res. 10. und 31. Aug. 1839 (J. M. Bl. 
S. 304). Vergl. oben Anm. zu §. 161. 
2) Solches Gesinde, welches nach seinem Kontrakt zu gemeinen Dienstleistungen 
mit eigenen Händen verpflichtet ist, gehört zum gemeinen Gesinde, wenn es auch 
nebenher anderes Gefinde zu beaufsichtigen hat. Nach dieser Begriffsbestimmung sind 
Schaffner (Vögte, Schirrmeister) und Wirthinnen (Ausgeberinnen) in Landwirthschaften 
gemeines Gesinde, denn sie müssen mit arbeiten; desgleichen Gärtner, welche 
selbst den Boden bearbeiten müssen, ferner: Jäger, Forsthüter, Wiesenbauer, Köche 
u. dergl. Als unstreitige Hausoffizianten, die eine mehr intellektuelle Thätigkeit 
zu entwickeln haben, insbesondere auch die Aufsicht über das gemeine Gesinde führen, 
find zu betrachten: Wirthschaftsschreiber und Inspektoren, Rentmeister, Forstaufseher, 
Haushofmeister — der Titel ist nicht maßgebend. Vergl. Koch, Anm. 13 zu §. 177. 
Brenner auf Landgütern sind Hausoffizianten, Erk. O. Trib. 23. Okt. 1851 
(Str. Arch. III. 309). 
Derjenige ist nicht Hausoffiziant, dem die ganze Bewirthschaftung eines 
Gutes, auf welchem der Gutsherr nicht wohnt, übertragen ist, Erk. O. Trib. 15. Juni 
1858 (Str. Arch. XXX. 112). Personen, denen die Führung einer Gutswirthschaft über- 
tragen ist, sind für Hausoffizianten nicht zu erachten; ihr Verhältniß ist vielmehr 
nach den Vorschriften im 2. Abschn. I. 14 A. L. R. (von Verwaltung fremder Sachen 
und Güter) zu beurtheilen, Erk. O. Trib. 11. April 1859 (A. f. R. XXXIII. 123). 
Ein Vertrag, durch welchen dem Wirthschaftsführer zwar die spezielle Leitung der 
Wirthschaft des Gutes in allen Branchen übertragen, das Generelle der gesammten 
Verwaltung aber von dem Gutseigenthümer angegeben werden, auch die Genehmigung 
des Letzteren bei Einführung von Neuerungen eingeholt werden soll, ist kein Vertrag 
über Handlungen: ein solcher Wirthschaftsführer ist vielmehr als Haus- 
offiziant anzusehen, Erk. O. Trib. 6. Juni 1859 (Str. Arch. XXXIV. 63). 
Privatoberförster, denen keine selbständige, sondern nur eine technische Ver- 
waltung der Forst übertragen ist, gehören zu den Hausoffizianten. Auf solche Oberförster 
finden hinsichtlich der Gründe zu ihrer Entlassung die Vorschriften der Ges. O. An- 
wendung, Erk. 10. Juni 1864 (Str. Arch. LVI. 49). Z 
Die auf Lebenszeit angestellten und auf das Forstdiebstahlsgesetz vereidigten Privat- 
förster find als Hausoffizianten anzusehen. Dieselben können jedoch weder nach §. 101 
der Ges. O., noch auf Grund des §. 408 I. 5. A. L. R. willkürlich entlassen werden. 
Gegen dritte Erwerber des betreffenden Gutes haben sie kein Recht auf Beibehaltung 
in ihrer Dienststellung, Koch's Landrecht Anm. zu §F. 177. 
Das Rechtsverhältniß der Vorsteherin des Haushalts und der Wirthschaft eines 
Gutsbesitzers ist in Betreff der Verjährung nicht nach den Vorschriften über Haus- 
offizianten, sondern nach denen von Verträgen über Handlungen zu beurtheilen, Erk. 
O. Trib. 3. Febr. 1856 (Str. Arch. XXIII. 316). 
 
	        
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