Abschnitt XI. Rheinische Gesinde-Ordnung. 783
so wie überhaupt wegen solcher Handlungen der Herrschaft, welche, wie die an-
geführten, mit den von Seiten des Gesindes an die Herrschaft nach der Natur
des Dienstverhältnisses zu machenden Anforderungen unvereinbar sind.
IV. Vor der Zeit, jedoch nach vorgängiger Kündigung.
* 34. Vor Ablauf der Dienstzeit, jedoch nur nach vorhergegangener Auf—
kündigung kann die Herrschaft den Dienstboten entlassen:
a) wenn demselben die nöthige Geschicklichkeit zu den übernommenen Ge-
schäften abgeht,
b) wenn nach geschlossenem Miethsvertrage die Vermögens-Umstände der
Herrschaft dergestalt in Abnahme gerathen, daß dieselbe sich entweder
ganz ohne Gesinde behelfen, oder doch dessen Zahl einschränken muß.
§. 35. Dienstboten dürfen vor Ablauf der Dienstzeit, jedoch nur nach
vorhergegangener Aufkündigung den Dienst verlassen: Z
a) wenn die Herrschaft den bedungenen Lohn in den festgesetzten Terminen
nicht richtig zahlt,
b) wenn die Herrschaft das Gesinde einer öffentlichen Beschimpfung aussetzt,
Whc) wenn der Dienstbote durch Heirath oder auf andere Art zur Anstellung
einer eigenen Wirthschaft vortheilhafte Gelegenheit erhält, welche durch
Aushaltung der Dienstzeit versäumt werden würde,
d) wenn der Dienstbote, dessen Bruder zum Militärdienste eingestellt wird,
nach dem Zeugnisse der Kreisbehörde zur Ernährung und Unterstützung
seiner Familie erforderlich ist,
e) wenn das Haupt der Familie oder dasjenige Mitglied derselben, für
dessen besondere Bedienung das Gesinde gemiethet worden ist, stirbt.
§. 36. In allen Fällen, wo der Miethsvertrag innerhalb der Dienstzeit,
jedoch nur nach vorhergegangener Aufkündigung aufgehoben werden darf, muß
dennoch das laufende Vierteljahr, und bei monatsweise gemiethetem Gesinde
der laufende Monat ausgehalten werden.
§. 37. Wenn die Eltern des Dienstboten wegen einer erst nach der
Vermiethung vorgefallenen Veränderung ihrer Umstände denselben in ihrer
Wirthschaft nicht entbehren können, oder der Dienstbote in eigenen Angelegen-
heiten eine weite Reise zu unternehmen genöthigt wird, so kann er zwar eben-
falls seine Entlassung fordern, er muß aber alsdann einen andern tauglichen
Dienstboten statt seiner stellen und sich mit demselben wegen Kost und Lohn,
ohne Schaden der Herrschaft abfinden.
Was bei Aufhebung des Miethsvertrages vor Endigung der. )
Miethszeit an Lohn und Kost zu gewähren ist.
Siäbe In jallen Fällen, wo die Herrschaft einen Dienstboten während
der Dienstzeit mit oder ohne Aufkündigung zu entlassen berechtigt ist, kann
der Dienstbote Lohn und Kost oder Kostgeld nur nach Verhältniß der Zeit
fordern, während welcher er wirklich gedient hat.
§. 39. Ein Gleiches gilt in denjenigen Fällen, in denen der Dienstbote
wegen einer ihm zugestoßenen Krankheit, oder nach vorgängiger Aufkündigung,
den Dienst verlassen darf.
§. 40. In den übrigen Fällen, in denen der Dienstbote sofort und ohne
Aufkündigung den Dienst zu verlassen berechtigt ist, muß die Herrschaft dem-
selben Lohn und Kost für die Dauer der Kündigungsfrist geben.
Rechtliche Folgen einer ohne Grund geschehenen Entlassung.
§. 41. Wenn die Herrschaft aus anderen als gesetzmäßigen Ursachen das
Gesinde vor Ablauf der Dienstzeit entläßt, so muß dieses sich wegen der
Wiederaufnahme an die Polizei-Behörde wenden, welche die Herrschaft zur
Fortsetzung des Dienstvertrages aufzufordern hat. Bleibt diese Aufforderung
fruchtlos, so muß die Herrschaft dem Gesinde Lohn und Kost für die Dauer
der Kündigungsfrist geben.