Abschnitt XII. Gesetz über die Presse. 789
§. 18. Mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark oder mit Haft oder mit
Gefängniß bis zu sechs Monaten werden bestraft:
1. Zuwiderhandlungen gegen die in den §s§. 14, 15, 16 und 17 ent-
haltenen Verbote;
2. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen der §§. 6, 7 und 8, welche
durch falsche Angaben mit Kenntniß der Unrichtigkeit begangen werden.
Dieselbe Strafe trifft den Verleger einer periodischen Druckschrift auch
dann, wenn er wissentlich geschehen läßt, daß auf derselben eine Person fälsch-
lich als Redakteur benannt wird.
§. 19. Mit Geldstrafe bis zu einhundert und fünfzig Mark oder mit
Haft werden bestraft:
1. Zuwiderhandlungen gegen die §§. 6, 7 und 8, welche nicht durch §. 18
Zisfer 2 getroffen sind;
2. Zuwiderhandlungen gegen den §. 9;
3. Zuwiderhandlungen gegen die §§5. 10 und 11. ç
In den Fällen der Ziffer 3 tritt die Verfolgung nur auf Antrag ein, und
hat das Strafurtheil zugleich die Aufnahme des eingesandten Artikels in die
nächstfolgende Nummer anzuordnen. Ist die unberechtigte Verweigerung im
guten Glauben geschehen, so ist unter Freisprechung von Strafe und Kosten
lediglich die nachträgliche Aufnahme anzuordnen.
III. Verantwortlichkeit) für die durch die Presse begangenen
strafbaren Handlungen.
8 20. Die Verantwortlichkeit für Handlungen, deren Strafbarkeit durch
den Inhalt einer Druckschrift begründet wird, bestimmt sich nach den bestehen-
den allgemeinen Strafgesetzen.
Ist die Druckschrift eine periodische, so ist der verantwortliche Redakteur
als Thäter zu bestrafen, wenn nicht durch besondere Umstände die Annahme
seiner Thäterschaft ausgeschlossen wird ?).
1) Die Ausführung der durch den Inhalt einer Druckschrift zu begehenden
strafbaren Handlung tritt ein mit der Veröffentlichung am Ausgabeorte. Die
Zeit der ersten Veröffentlichung ist die Zeit der begangenen Handlungen, der Aus-
gabeort der Ort der begangenen Handlung. Hiernach bestimmt sich auch der Ge-
richtsstand der Handlung. Mit der Veröffentlichung ist das Preßdelikt vollendet; Re-
produktion des veröffentlichten Artikels ist also nicht mehr Theilnahme, höch-
stens noch Begünstigung; Berner, Lehrbuch des Deutschen Preßrechts §. 101 und
8. 104.
2) Der Redakteur als Thäter, ist der Mitschuldige des Verfassers und
braucht deshalb, nach allgemeinen strafprozessualischen Grundsätzen, gegen ihn nicht
Zeugniß abzulegen. Dasselbe gilt für den Fall einer Disziplinaruntersuchung,
nicht aber von der Zeugenpflicht in Civ ilprozessen und ebensowenig ließe sich eine
Eremtion zu Gunsten der Verletzung des Amtsgeheimnisses billigen, Berner a. a.
O. g. 103.
Wer nur thatsächlich an der Redaktion einer Zeitung Antheil nimmt, ohne
als verantwortlicher Redakteur auf dem Blatte genannt zu sein, kann sich nicht auf
8. 20 Abs. 2 berufen, um damit die Weigerung des von ihm verlangten Zeugnisses
über den Verfasser oder Einsender eines den Thatbestand einer strafbaren Handlung
enthaltenden Artikels zu begründen. Der Eigenthümer der Zeitung ist nicht befugt,
die Ablegung des Zeugnisses, wenn der Richter solches von ihm erfordert, zu ver-
weigern.
8 Das Reichsgericht nahm von Anfang an in ziemlich konstanter Praxis an, daß
§. 20 Abs. 2 eine Präsumtion der Thäterschaft enthalte, daß nämlich der Redakteur
bei Aufnahme des Artikels seine Pflicht als Redakteur erfüllt habe und daher Thäter sei,
bezw. sogar daß er Verfasser sei, E. Crim. XII. 294. E. Crim. XVI. 16 und XVIII. 208
gingen noch weiter und nahmen in Uebereinstimmung mit der durch Erk. 9. Okt.
1876 (E. LXXVIII. 379) aufgegebenen Ansicht des Obertribunals an, daß auch eine
Präsumtion für die volle Thäterschaft nach ihrer fubjektiven Richtung begründet sei,
und es gehe der Redakteur dadurch aller Einwendungen verlustig, die sein subjektives