Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt XIII. Personenstand und Civilehe. 805 
§. 18. Zur Anzeige sind verpflichtet: 
1. der eheliche Vater; süch 
2. die bei der Niederkunft zugegen gewesene Hebamme:; 
3. der dabei zugegen gewesene Arzt; 
4. jede andere dabei zugegen gewesene Person; 
5. die Mutter, sobald sie dazu im Stande ist. 
Jedoch tritt die Verpflichtung der in der vorstehenden Reihenfolge!) 
später genannten Personen nur dann ein, wenn ein früher genannter Ver- 
pflichteter nicht vorhanden oder derselbe an der Erstattung der Anzeige ver- 
hindert ist. 
§. 19. Die Anzeige ist mündlich von dem Verpflichteten selbst oder durch 
eine andere aus eigener Wissenschaft 2) unterrichtete Person zu machen. 
§. 20. Bei Geburten, welche sich in öffentlichen Entbindungs-, Hebammen-, 
Kranken-, Gefangen= und ähnlichen Anstalten 2), sowie in Kasernen) ereignen, 
  
1) Die in der Reihenfolge Nr. 1 bis 4 später genannte Person ist zur Anzeige 
nur verpflichtet, wenn ein früher genannter Verpflichteter entweder nicht vorhanden 
oder verhindert ist. Der Standesbeamte darf die Anzeige der Hebamme nicht zurück- 
weisen, weil die Verhinderung des zur Nr. 1 genannten Vaters nicht nachgewiesen 
ist, Res. 19. Febr. 1875 (M. d. J. I. A. 1412). 
Todtgeborne menschliche Leibesfrüchte sind von den Hebammen als Todtgeburten 
anzumelden, sobald sie in ihrer Entwickelung den sechsten Kalendermonat überschritten 
haben. Die von mehr als 32 cm Körperlänge sind als schon dem 7. Monat an- 
gehörig zu betrachten, Res. 19. Dez. 1893 (M. Bl. 1894 S. 2). 
2) In den Fällen der §§. 19 und 58 ist in den Standesalten ausdrücklich zu 
vermerken, „daß der Anzeigende aus eigener Wissenschaft unterrichtet ist“, nicht aber 
anzugeben, wie der Anzeigende diese Wissenschaft erlangt hat. Eintragungen auf 
Grund schriftlicher Anzeigen von Aerzten 2c. sind für ungültig zu halten und es 
müssen, wenn solche stattgefunden haben, anderweite Eintragungen auf eine dem 
Gesetz entsprechende Weise herbeigeführt werden, Res. 27. April 1878 (M. Bl. S. 78). 
Wegen der Ausnahmefälle, in denen die Eintragung auf Grund schriftlicher Anzeigen 
erfolgen darf vergl. 38. 20, 24, 58, 62. 
In den Fällen, in welchen die Anzeige einer Geburt oder eines Sterbefalls 
von einer nach §§. 18 bezw. 58 nicht in erster Linie dazu verpflichteten Person 
erstattet wird, ist die Aufnahme des Vermerks, daß der Anzeigende bei der Geburt 
zugegen gewesen, bezw. aus eigener Wissehschaft von dem Tode unterrichtet ist, in 
die Geburts= bezw. Sterbeurkunde für deren Beweiskraft so wesentlich, daß im Unter- 
W das Berichtigungsverfahren gerechtfertigt ist, Beschl. 7. Jan. 1884 (E. K. 
IV. 347). 
Wer dem Standesbeamten einen Geburtsfall anzeigt und dabei unwahrer Weise 
erklärt, daß er bei der Geburt des Kindes zugegen gewesen sei, begeht das Vergehen 
der sog. intellektuellen Urkundenfälschung, Erk. R. G. 20. Mai 1881 (E. Crim. 
IV. 194); §. 271 R. Str. G. B. 
3) Bei Beantwortung der Frage, welche Anstalten als öffentliche anzusehen sind, 
ist das entscheidende Moment auf die Schlußworte zu legen, wonach bei Geburten 
und Sterbefällen in öffentlichen Anstalten eine schriftliche Anzeige in amtlicher 
Form genügen soll. Hiervon ausgehend erscheint es nicht gerechtfertigt, den Begriff 
der öffentlichen Anstalten auf diejenigen Anstalten zu beschränken, welche dem 
Staate, den Provinzial-, Kreis-Verbänden oder politischen Verbänden angehören. Es 
kann vielmehr keinem Bedenken unterliegen, als öffentliche Anstalten im Sinne des 
Gesetzes auch die Anstalten der kirchlichen Korporationen, sowie alle solche Anstalten 
zu bezeichnen, welche juristische, also eine vom Staate (ausdrücklich oder stillschweigend) 
anerkonnte, gesonderte Persönlichkeit besitzen und mit einem zur Vertretung nach außen 
berechtigten Vorstande versehen sind, Res. 20. Jan. 1875 (M. Bl. S. 34). Die 
standesamtlichen Anzeigen der in Straf= und Gefangenanstalten erfolgenden Ent- 
bindungen haben jede Bezugnahme auf die Anstalt oder die Eigenschaft der Mutter 
als Gefangene zu vermeiden. Die Anzeige ist durch die zugezogene Hebamme oder 
den Arzt (§. 19) zu erstatten. Der Arzt soll sich nicht als Anstaltsarzt bezeichnen. 
Das Anstaltsgebäude ist nach Hausnummer und Straße sicher zu bezeichnen. Dies
	        
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