Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt XIII. Personenstand und Civilehe. 811 
Vierter Abschnitt. Form und Beurkundung der Eheschließung. 
§. 41. Innerhalb des Gebiets des Deutschen Reichs kann eine Ehe rechts- 
gültig nur vor dem Standesbeamten geschlossen werden?). 
§. 42. Zuständig ist der Standesbeamter), in dessen Bezirk einer der 
Verlobten seinen Wohnsitz hat oder sich gewöhnlich aufhält. Unter mehreren 
zuständigen Standesbeamten haben die Verlobten die Wahl. 
Eine nach den Vorschriften dieses Gesetzes geschlossene Ehe kann nicht aus 
dem Erhme angefochten werden, weil der Standesbeamte nicht der zuständige 
ewesen#) ist. 
S. 43. Auf schriftliche Ermächtigung) des zuständigen Standesbeamten 
barfg# die Eheschließung auch vor dem Standesbeamten eines anderen Orts 
stattfinden. 
S. 44. Der Eheschließung soll ein Aufgebots) vorhergehen. 
Für die Anordnung desselben ist jeder Standesbeamte zuständig, vor welchem 
nach §. 42 Abs. 1 die Ehe geschlossen werden kann. 
  
1) Preußische Unterthanen können nach wie vor im Auslande eine Ehe unter 
alleiniger Beobachtung der am Orte der Eheschließung geltenden Bestimmungen 
schließen; im Inlande kann aber auch von Ausländern eine rechtsgiltige Ehe unter 
allen Umständen nur in den Formen des Personenstandsges. eingegangen werden, 
Res. 31. Okt. 1874 (M. Bl. S. 278). Vergl. Reichsges. 4. Mai 1870 (R. G. Bl. 
S. 599). 
Nur diejenigen Personen, denen das Recht der Exterritorialität zusteht, find dem 
s. 41 nicht unterworfen, Res. 30. Mai 1879 (Hinschius S. 159). 
:) Der Standesbeamte muß aber selbst rechtsgültig bestellt sein. In einigen 
Fällen, in denen dies nicht beachtet worden war, — es hatte z. B. ein Bürgermeister, 
nachdem sein Hauptamt erloschen war, als Standesbeamter (bona üfide) weiter 
sungirt, in einem anderen Falle hatte der Vorsteher eines aus mehreren Gemeinden 
zusammengesetzten Kommnnalverbandes (§. 6) die Funktionen eines Standesbeamten 
übernommen, bevor er als solcher ausdrücklich bestellt worden war — wurden die 
vorgenommenen Eheschließungen für ungültig erklärt. 
Aus der Verwandtschaft des Standesbeamten mit einem der Verlobten oder mit 
beiden Verlobten kann seine Nichtberechtigung zur Aufnahme der zur Eheschließung 
erforderlichen Willenserklärung nicht gefolgert werden, Res. 22. Sept. 1874 (M. Bl. 
S. 197). 
3) Diese Bestimmung hat nur solche Fälle vor Augen, in denen ein an und 
für sich gesetzmäßig bestellter Standesbeamter innerhalb seines Amtsbezirks 
eine Amtshandlung vorgenommen hat, für welche ein anderer Standesbeamter zu- 
ständig war, Res. 10. Nov. 1879 (M. Bl. 1880 S. 49). 
Eine Eheschließung, welche von einem Standesbeamten außerhalb seines Amts- 
bezirks erfolgt ist, ohne daß derselbe in Gemäßheit des §. 3 Abs. 1 des Gesetzes von 
der Aufsichtsbehörde dazu ermächtigt war, ist ungültig, Beschl. 5. April 1882 (E. 
K. IV. 349). 
1) Diese Ermächtigung entbindet den Stanfesbeamten, vor dem die Ehe ge- 
schlossen werden soll, nicht von der eigenen selbständigen Prüfung der Frage, ob den 
gesetzlichen Erfordernissen der Eheschließung genügt sei. Ihm sind daher auf sein Er- 
sordern auch die Behufs Vornahme jener Prüfung nöthigen Urkunden zuzufertigen 
resp. vorzulegen. Doch trägt der die Ermächtigung ertheilende Standesbeamte hierbei 
und bei Ertheilung der im §. 49 vorgeschriebenen Bescheinigung die Verantwort- 
lichkeit nach Maßgabe des §. 69, Erk. R. G. 14. Juni 1881 (E. Crim. IV. 255); 
Res. 12. April 1893 (M. Bl. S. 107). 
6) Auf Verlangen der Verlobten ist denselben von dem Standesbeamten eine 
Bescheinigung über das angeordnete Aufgebot kostenfrei zu ertheilen, Vd. 22. Juni 
1875 8. 13 (C. Bl. d. D. R. S. 386). Auch kann ihnen eine Bescheinigung er- 
tbeilt werden, daß die Bekanntmachung des Aufgebotes angeordnet ist, Res. 13. Nov. 
1874 (M. Bl. S. 279). " 
Die Unterlassung des Aufgebotes hat die Nichtigkeit der Eheschließung nicht zur 
Folge; eine nachträgliche Dispensation vom Aufgebot würde daher keinen Zweck 
haben, Res. 26. Mai 1879 und 13. März 1880.
	        
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