Abschnitt XIII. Personenstand und Civilehe. 823
die Gesetzgebung einzelner Staaten, für die Angehörigen derselben überhaupt die
Beibringung eines solchen Attestes (§. 1) zu erlassen.
§. 3. Geistliche oder Civilstandsbeamte, welche bei Schließung der Ehe
eines Ausländers amtlich mitwirken, ohne daß ihnen das erforderliche Attest
bö“ 1) vorgelegt worden, sollen, wenn die Beibringung desselben nicht erlassen
ist G. 2), mit Geldbuße bis zu Einhundert Thalern bestraft werden.
§. 4. Die Verordnung vom 28. April 1841 (G. S. S. 121) ist auf-
gehoben.
Zu Anmerkung 4 auf S. 822.
Deutsche, welche mit Schweizerinnen in der Schweiz und Schweizer, welche mit
Deutschen in Deutschland eine Ehe eingehen wollen, haben nur eine Bescheinigung
ihrer zuständigen Landesbehörde darüber beizubringen, daß der Abschließung der Ehe
nach dem bürgerlichen Recht ihrer Heimath kein bekanntes Hinderniß entgegensteht,
Res. 31. Aug. 1886 (M. Bl. S. 180).
Ebenso sind die Angehörigen nachfolgender Staaten, vorbehaltlich des Nachweises
ihrer Staatsangehörigkeit, von Beibringung des in §. 1 Ges. 13. März 1854 vor-
geschriebenen Attestes dispensirt: Großbritanniens (M. Bl. 1856 S. 221), der Ver-
einigten Staaten von Nordamerika (ebendaselbst), Frankreichs (M. Bl. 1858 S. 59),
Belgiens (M. Bl. 1876 S. 2), Oesterreichs mit Ausnahme von Salzburg, Tirol,
Vorarlberg und Krain (M. Bl. 1869 S. 160), der bayrischen Pfalz (M. Bl. 1871
S. 251), der Niederlande (M. Bl. 1872 S. 52), Schwedens und Norwegens (M.
B#. 1874 S. 120), Italiens (M. Bl. 1875 S. 229) und 12. April 1889 (M. Bl.
S. 118). Vergl. jedoch bezüglich der Angebörigen Italiens, Frankreichs und
Belgiens Res. 17. Juni 1892 (M. Bl. S. 248), wonach die Bekanntmachung des
Aufgebots in den Heimathsgemeinden nach dem ausländischen Rechte nothwendig und
dieses den Verlobten von dem Standesbeamten zur Erfüllung nahe zu legen ist. Res.
7. Juni 1878 (M. Bl. S. 185), betr. die Bestimmungen, welche nach Schwedischen
Gesetzen für die Verehelichung elternloser Minderjähriger maßgebend sind. Res.
12. Febr. 1880 (M. Bl. S. 74), betr. die gesetzlichen Ehehindernisse in Rußland.
Die Russische Gesetzgebung betrachtet als Erforderniß einer gültigen Eheschließung,
auch wenn dieselbe im Auslande vor sich geht, die Trauung durch einen der Konfession
des Russischen Nupturienten zugehörigen Geistlichen, also bei einem orthodoxen Russen
die Trauung durch einen Geistlichen der orthodoxen Kirche. Orthodoxe Russen werden
also eine nach Russischer Gesetzgebung gültige Ehe in Preußen überhaupt nicht
schließen können. Ein Dispens nach §. 2 des (oben stehenden) Ges. 13. März 1854
wird höchstens dann bewilligt werden können, wenn — namentlich bei nicht orthodoxen
Russen — die sichere Gewähr dafür gegeben ist, daß die Nupturienten Willens und
in der Lage sind, der standesamtlichen Eheschließung die kirchliche Trauung in einer
den Anforderungen der Russischen Gesetzgebung entsprechenden Weise nachfolgen zu
lassen, Res. 16. April 1889 (M. Bl. S. 86). Auch für die Zulassung Griechischer
Unterthanen zur Eheschließung in Preußen bedarf es der Beibringung des vorgedachten
Dispenses, Res. 29. Nov. 1889 (M. Bl. S. 2039.
Angehörige des Deutschen Reiches gelten nicht als Ausländer im Sinne des
Ges. 13. März 1854, jedoch findet dasselbe Anwendung auf die Angehörigen der
rechtsrheinischen Landestheile des Königreiches Bayern, ausschließlich der Bayrischen
Pfalz, Res. 29. Aug. 1871 (M. Bl. S. 251), 24. Sept. 1885 und 21. Juni 1892
(M. Bl. S. 248); vergl. auch Gothaer Vertrag 15. Juli 1851 (G. S. S. 711);
wegen der Bayrischen Verehelichungszeugnisse vergl. Res. 1. Febr. 1881 (M. Bl.
S. 18); wegen Zulassung der im rechtsrheinischen Bayern Beheimatheten zur Ehe-
schließung ohne vorheriges Aufgebot, Res. 25. Jan. 1895 (M. Bl. S. 20). #
Erfordert eine ausländische Behörde ein solches Attest von Juläudern, die im
Auslande eine Ehe schließen wollen, so ist dasselbe von der Ortspolizeibehörde zu
ertheilen, nicht vom Standesamte, Res. 12. Juni 1879 (M. Bl. 1880 S. 2).
Uebrigens erhalten Preußen bei Eheschließungen im Au-lande eine Bescheinigung des
Regierungspräsidenten, daß es in Preußen einer obrigkeitlichen Erlaubniß nicht bedarf,
Res. 10. Jan. 1853 und 7. Jan. 1866 (M. Bl. S. 104). Die Ausführung kann
den Landräthen übertragen werden, Res. 10. Mai 1861; in Hessen-Nassau sind sie
neben dem Regierungs-Präsidenten zuständig, Res. 2. Febr. 1869 (M. Bl. S. 30).