834 Abschnitt XIV. Vereinsgesetz.
Zwecken:) in Verbindung?) treten, insbesondere nicht durch Komite's,
Ausschüsse, Centralorgane oder ähnliche Einrichtungen oder durch gegen-
seitigen Schriftwechsel. * *
Werden diese Beschränkungen überschritten, so ist die Ortspolizeibehörde
berechtigt, vorbehaltlich des gegen die Betheiligten gesetzlich einzuleitenden
Strafverfahrens :), den Verein bis zur ergehenden richterlichen Entscheidung
(§. 16) zu schließen.
Frauenspersonen, Schüler und Lehrlinge dürfen den Versammlungen und
Sitzungen") solcher politischen Vereine nicht beiwohnen. Werden dieselben auf
die Aufforderung des anwesenden Abgeordneten der Obrigkeit nicht entfernt, so
ist Grund zur Auflösung der Versammlung oder der Sitzung (88§. 5, 6) vorhanden.
§. 9. Oeffentliche Versammlungen unter freiem Himmel bedürfen der vor-
gängigen schriftlichen Genehmigung #) der Ortspolizeibehörde.
Zu Anmerkung 3 auf S. 833.
ges. 11. März 1850 bestraft wird; es bedarf dazu nicht der Einleitung eines
Verfahrens gegen den Verein selbst oder seinen Vorstand.
Unter den unter lit. b des §. 8 bezeichneten „Vereinen gleicher Art“ können
nur solche gemeint sein, wie sie im Eingange des §. 8 bezeichnet sind. Der §. 8
setzt nicht eine Gleichartigkeit der Vereine nach allen Richtungen hin voraus, sondern
nur in eben derjenigen Richtung, welche die Vereine als politische charakterisirt und
aus diesem Grunde für sie die besonderen Vorschriften des §. 8 als nothwendig er-
scheinen ließ, Erk. 26. Febr. 1873 (G. A. XIV. 172), E. Crim. XVI. 386.
Der §. 8 lit. b des Vereinsgesetzes hat den Zweck, die Thätigkeit der Vereine,
welche vermöge eines Uebereinkommens sich unter einer Leitung für längere oder
kürzere Zeit zur Einwirkung auf öffentliche Angelegenheiten vereinigt haben, zu
lokalisiren. Die Strafbarkeit solcher Vereine gleicher Art ist dadurch nicht ausge-
schlossen, daß ein Theil derselben der Selbständigkeit entbehrt und nur als Organ
seines Centralvereins thätig ist, Erk. O. Trib. 7. Okt. 1873 (J. M. Bl. S. 337).
Vergl. Erk. O. Trib. 30. März 1873 (M. Bl. S. 162).
1) Auf die Art des Zweckes kommt es nicht an, die Koaalition als solche ist
verboten, E. Crim. XVI. 386.
2) Ein „in Verbindung treten“ kann nicht schon in einem einseitigen zur Her-
stellung einer Verbindung geschehenen Schritte gefunden werden, vielmehr gehört dazu,
daß die Handlung, durch welche der eine Theil sich mit dem andern in Verbindung
setzen will, eine entsprechende Erwiderung seitens des Letzteren finde oder eine sonstige
auf die Herstellung gegenseitiger Beziehungen gerichtete Thätigkeit desselben zur Folge
habe, Erk. O. Trib. 12. Juli 1875 (G. A. XXIII. 472). Es kann nicht schon
darin gefunden werden, daß ein Verein den anderen fördert, für ihn Mitglieder wirbt,
daß Mitglieder eines Vereins theilweise auch Mitglieder des anderen sind u. s. w.,
Erk. O. Trib. 8. März 1877 (O. R. XVIII. 197).
3) In den Fällen der §§. 8, 12, 13, 16 und 17 sind die Schöffengerichte zu-
ständig; in den Fällen der 56. 14 und 18 die Strafkammern der Landgerichte.
Letztere können auch in den Fällen der §§. 14 und 18 die Verhandlung und Ent-
scheidung den Schöffengerichten überweisen, §. 27 Nr. 1, 2, §. 73 Nr. 1, §. 75
Nr. 14 Ger. Verf. Ges. 27. Jan. 1877.
*!) Darunter sind nicht nur solche zu verstehen, die die Erörterung politischer
Gegenstände bezwecken, sondern alle durch den Verein oder von Vereinswegen veran.
stalteten Zusammenkünfte der Mitglieder und Dritter, auch wenn sie der wissenschaft-
lichen, Hterarischen, ja selbst rein gesellschaftlichen Unterhaltung dienen, E. O. V.
XX. 432.
5) Alle öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel bedürfen der vor-
gängigen schriftlichen Genehmigung der Ortspolizei-Behörde, gleichviel, ob dabei
öffentliche Angelegenheiten erörtert werden sollen oder nicht, Erk. O. Trib. 3. Okt.
1862 (J. M. Bl. S. 314). Vergl. E. K. V. 285, E. O. V. XX. 440, XXIII.
403 über den Begriff der öffentlichen Versammlungen. Auf den Zweck kommt es
nicht an. Auch Versammlungen zu kirchlichen Zwecken fallen unter §. 9, falls der
religiöse Verein Korporationsrechte nicht besitzt, Erk. O. Trib. 11. Jan. 1876 (G. A.
XXIV. 63); desgl. Schulfeste, an denen nicht nur die Schulkinder, sondern auch eine
nicht bestimmte Anzahl Erwachsener theilnehmen. Sind fie aber von der vorgesetzten