890 Abschnitt XVI. Cholera.
1. Cholera.
s. 24. Wegen der oft schnellen Verbreitung der Cholera, der Wichtigkeit eines
angemessenen diätetischen Verhaltens zu ihrer Verhütung und der Nothwendigkeit
einer schleunigen Hülfe für die Erkrankten sind die Sanitäts-Kommissionen bei
Annäherung der Krankheit nicht nur zu einer erhöhten Aufmerksamkeit und Fürsorge
hinsichtlich des allgemeinen Gesundheitszustandes (nach §. 6) verbunden, sondern auch
berechtigt und verpflichtet, die Einrichtung zweckmäßiger nicht zu entfernt gelegener
Krankenanstalten, die Beschaffung der nöthigen Arzneimittel und Utensilien, desgleichen
die Ermittelung des erforderlichen Personals an Aerzten, Krankenwärtern u. s. w.,
sowie der etwa erforderlichen besonderen Begräbnißplätze zeitig zu veranlassen und zu
befördern.
# §. 25. Jeder Cholera-Erkrankungsfall ist (nach §. 9) der Polizeibehörde an-
uzeigen.
* r i. Unterlassung dieser Anzeige soll mit einer Geldstrafe von 6—15 Mark
polizeilich geahndet werden, wenn der dazu Verpflichtete von dem Vorhandensein der
Krankheit unterrichtet war.
8. 261).
N Die g88. 26- 34 find veraltet. Vergl. jetzt Res. 8. Aug. 1893 (M. Bl. S. 173),
betr. Maßnahmen gegen Weiterverbreitung der Cholera:
a) Maßregeln gegen die Choleras).
A. Allgemeine Maßnahmen seitens der Behörden.
1. Die Polizeibehörden müssen von jedem Erkrankungs= oder Todesfall an
Cholera oder choleraverdächtigen Krankheiten sofort in Kenntniß gesetzt werden. Wo
bereits eine Verpflichtung zur Anzeige derartiger Erkrankungs= oder Todesfälle besteht,
soll dieselbe neu eingeschärft werden, wo sie noch nicht oder nur betreffs der Er-
krankungsfälle besteht, ist sie einzuführen bezw. auf die Todesfälle auszudehnen.
Namentlich sind auch die Führer der Flußfahrzeuge zur Anzeige der auf diesen vor-
kommenden Fälle zu verpflichten. Auf Grund der eingegangenen Anmeldungen #) haben
die Ortspolizeibehörden Listen nach anliegendem Muster O (Anl. 1) fortlaufend zu führen.
Die Polizeibehörde hat, sobald der Ausbruch oder der Verdacht des Auftretens
von Cholera gemeldet ist, unverzügliche Ermittelungen durch den beamteten Arzt über
Art, Stand und Ursache der Krankheit vornehmen zu lassen.
Jeder erste festgestellte Cholerafall in seiner Ortschaft ist alsbald telegraphisch dem
Kaiserlichen Gesundheitsamte mitzutheilen; demselben sind ferner täglich gedrängte
Uebersichten über die weiteren Erkrankungs= und Todesfälle unter Benennung der
Ortschaften und Bezirke auf gleichem Wege zu übermitteln.
Außerdem ist über den Verlauf der Seuche in den einzelnen Ortschaften wöchent-
lich dem Kaiserlichen Gesundheitsamte nach Maßgabe des anliegenden Formulars
(Anl. II) Kenntniß zu geben. Die Wochenberichte sind so zeitig abzusenden, daß bis
Montag Mittag die Mittheilungen über die in der vergangenen Woche bis Sonnabend
einschließlich gemeldeten Erkrankungen und Todesfälle im Gesundheitsamte eingehen.
Hat sich an einem Orte ein Choleraherd entwickelt, so ist es nothwendig, daß
fortlaufende Nachrichten über den Gang und Stand der Seuche, womöglich täglich,
in geeigneter Weise zur öffentlichen Kenntniß gebracht werden.
2. Die zuständigen Behörden haben ihr besonderes Augenmerk darauf zu richten,
ob etwa Messen, Märkte und andere Veranftaltungen, welche ein ähnliches gefährliches
Zusammenströmen von Menschen zur Folge haben, an oder in der Nähe solcher Orte
zu verhindern sind, in welchen die Cholera ausgebrochen ist.
3. Schulkinder, welche außerhalb des Schulortes wohnen, dürfen, so lange in
dem letzteren die Cholera herrscht, die Schule nicht besuchen, desgleichen müssen
*) Die Anlagen III und IV enthalten Grundsätze für den Eisenbabn- (vergt.
Res. 9. Jan. 1894, E. V. Bl. S. 3), bezw. Binnenschiffahrts- und Flößereiverkehr
in Cholerazeiten, Anlage V betrifft öffentliche Wasserwerke, Anlage VI Vorschriften
für Desinfektion, Anlage VII Vorschriften für Verhalten in Cholerazeiten, Anlage VIII
Rathschläge für Aerzte. Sie sind hier nicht abgedruckt.
*) Zur Benutzung für Aerzte, Polizeibeamte 2c. ist der Anl. I. ein Formular
zu einer Zählkarte beigefügt.