Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt XVI. Weichselzopf. Bösartiger Kopfgrind ꝛc. Tollkrankheit. 899 
F. 81. Wird die Krätze zum Nachtheile Anderer absichtlich verheimlicht — in 
welcher Hinsicht besonders handel- und gewerbetreibende Individuen in Betracht 
kommen — oder wird sie durch ein leichtsinniges Benehmen der Kranken andern 
Personen mirtgetheilt, so treten die für diesen Fall anwendbaren Bestimmungen des 
R. Str. G. B. 8S8§. 230, 327 ein. 
8. 82 0. 
§. 83. Für den Fall, daß die Krätze an einem Orte eine ungewöhnlichere und 
allgemeinere Verbreitung erlangen sollte, wird den betr. Regierungen die Ergreifung 
besonderer Maßregeln Behufs der genauen Ermittelungen des Standes der Krankheit, 
ihrer Zu= und Abnahme und einer gründlichen Tilgung derselben zur Pflicht gemacht. 
Die nähere Bestimmung der unter solchen Umständen zu treffenden Anordnungen 
bleibt ihrem Ermessen überlassen. 
9. Weichselzopf. 
§. 84. Jeder am Weichselzopf leidende Kranke ist bei Vermeidung der im §. 25 
bestimmten Strafe der Ortspolizeibehörde anzuzeigen. 
§. 85. Bleibt der Kranke in seiner Wohnung, so findet eine Bezeichnung der- 
selben mittelst einer Tafel oder eine Isolirung des Kranken nicht statt, dagegen ist 
derselbe, so wie seine Angehörigen mit der Gefahr der Ansteckung und der Art und 
Weise, wie solche am häufigsten bewirkt zu werden pflegt, bekannt zu machen. 
Eine dessenungeachtet auf leichtsinnige oder muthwillige Weise veranlaßte Ueber- 
tragung der Krankheit auf andere Personen soll nach den Bestimmungen des R. Str. 
G. B. §s. 230, 327 bestraft werden. 
§. 86. Die von einem Weichselzopfkranken benutzten Betten, Bett= und Leib- 
wäsche, Kopfbedeckungen und sonstige Gegenstände dürfen nach beendigter Krankheit 
nicht eher wieder in Gebrauch gezogen werden, als bis sie nach näherer Bestimmung 
der Polizeibehörde und nach Anweisung der Desinfektions-Instruktion gereinigt 
worden sind. 
Die Unterlassung zieht die §. 27 bestimmte Strafe nach sich. 
§. 87. Da den mit dem Weichselzopf behafteten Kindern der Schulbesuch wegen 
langer Dauer der Krankheit nicht untersagt werden kann, so müssen denselben zur 
Verhütung einer weitern Verbreitung des Uebels abgesonderte Sitze und besondere 
Plätze zur Ablegung ihrer Kopfbedeckung angewiesen werden. Außerdem ist es die 
Pflicht des Lehrers, die Kinder über die Gefahr der Ansteckung zu belehren. 
z. 88. Die Benutzung zum allgemeinen Gebrauch bestimmter Badeanstalten oder 
Badebuden &∆6* den am Weichselzopf leidenden Personen nicht gestattet werden. 
§. 89 0. 
10. Bösartiger Kopfgrind, Krebs, Schwindsucht:) und Gicht. 
z. 90. Bei den genannten Krankheiten beschränken sich die sanitäts-polizeilichen 
Maßregeln auf die vorschriftsmäßige Reinigung und resp. Vernichtung der mit den 
Absonderungen der Kranken in unmittelbare Berührung gekommenen Kleidungsstücke 
und sonstigen Effekten. Die Anordnung derselben liegt den Aerzten der Kranken, die 
Kontrolle der getroffenen Maßregeln der Polizeibehörde ob (vergl. §. 23). 
s. 91. Hinsichtlich des Kopfgrindes find die Waisenhäuser und ähnliche Anstalten 
unter besondere sanitätspolizeiliche Aufsicht zu nehmen. 
In den öffentlichen Schulen dürfen Kinder, die am bösartigen Kopfgrind leiden, 
nicht zugelassen werden. 
Die §§. 92—122 des Regulativs handeln von der sanitätspolizeilichen 
Ueberwachung der Hundswuth, des Milzbrandes und des Rotzes. Die dem 
veterinären Gebiet angehörigen Bestimmungen sind durch die betr. Vorschriften 
des Reichsges. 23. April 1880 ersetzt. Praktisch anwendbar sind noch: 
11. Tollkrankheit (Hundswuthh). 
§. 95. Hat aber ein toller oder auch nur verdächtig scheinender Hund bereits 
Menschen gebissen, so hat der nächste Angehörige oder Bekannte, oder wer zuerst davon 
1) Betrifft Verfahren beim Militär. 
2) Vergl. Anm. 1 zu S. 883. 
  
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