Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt XVI. Leichentransport. 909 
Nachdem Se. Majestät der König auf unsern Vortrag Allerhöchst zu genehmigen 
geruht haben, 
daß die Ausstellung der Leichenpässe den Landräthen, welche sich 
hierzu der von den Regierungen vollzogenen Blankets zu bedienen haben sollen, 
übertragen werden könne, 
setzen wir die Königliche Regierung hiervon in Kenntniß, und indem wir ihr über- 
lassen, demgemäß die ihr untergeordneten Landräthe mit der entsprechenden Ermäch- 
ligung zu versehen, ertheilen wir zugleich in Bezug auf das bei der Ausstellung der 
Leichenpässe obwaltende sanitätspolizeiliche Interesse die nachfolgenden Vorschriften: 
1. Einem jeden Gesuche um Gewährung der Erlaubniß zu einem Leichen-Trans- 
porte muß ein Todtenschein, welcher von dem Arzte des Gestorbenen, unter genauer 
Angabe des Namens und Standes des Todten, der Krankheit, an welcher er gestorben 
und des Todestages, auszustellen ist, sowie eine Erklärung desselben Arztes darüber, 
daß dem Transport der Leiche sanitätspolizeiliche Bedenken nicht entgegenstehen, bei- 
gefügt sein. 
2. Der gutachtlichen Aeußerung des Kreis-Physikus bedarf es in der Regel nicht. 
Dieselbe ist aber dann einzuholen, wenn der Transport der Leiche in das Ausland 
erfolgen soll, oder wenn der vorliegende Spezialfall selbst oder die von einem nicht 
beamteten Arzte ausgestellten Bescheinigungen (Nr. 1) zu Bedenken Anlaß geben. 
3. Leichen-Transporte aus Orten, wo ansteckende Krankheiten (Cholera, Typhus) 
epidemisch herrschen, sind während der Dauer der Epidemie unbedingt nicht zu ge- 
statten. Nach dem amllich festgestellten Erlöschen der Epidemie aber kann auch der 
Transport von Leichen der an den betreffenden ansteckenden Krankheiten Gestorbenen 
unter Beobachtung der erforderlichen, von dem Kreis-Physikus besonders zu prüfen- 
den und festzustellenden Vorsichtsmaßregeln in Ermangelung besonderer Bedenken 
gestattet werden. 
4. Bei dem Transporte einer jeden Leiche ist darauf zu achten, daß dieselbe in 
einem gut verpichten Sarge, der außerdem noch in einem möglichst luftdichten Kasten 
eingesetzt ist, eingeschlossen sei. Dem Transport selbst muß in der Regel ein zuver- 
lässiger Begleiter mitgegeben werden, welcher dahin zu verpflichten ist, daß die Leiche 
unterwegs von dem Wagen, auf dem sie gefahren wird, ohne Noth nicht abgeladen 
werde, daß dieser Wagen auf ewaigen Stationen wo möglich auf einem abgesonderten 
Platze im Freien aufgestellt und an dem Beerdigungsorte selbst unmittelbar zu der Be- 
gräbnißstelle geführt werde. Hinsichtlich des Leichen-Transports auf Eisenbahnen — — 7. 
  
1) Für den Transport von Leichen auf Eisenbahnen sind jetzt die 9§. 42, 43 
der Eisenb.-Verkehrs-Ordn. 15. Nov. 1892 (R. G. Bl. S. 923) maßgebend. 
VI. Beförderung von Leichen. 
§. 42. Beförderungs-Bedingungen. Der Transport einer Leiche muß, 
wenn er von der Ausgangsstation des Zuges erfolgen soll, wenigstens 6 Stunden, 
wenn er von einer Zwischenstation ausgehen soll, wenigstens 12 Stunden vorher an- 
gemeldet werden. 
Die Leiche muß in einem hinlänglich widerstandsfähigen Metallsarge luftdicht 
eingeschlossen und letzterer von einer hölzernen Umhüllung dergestalt umgeben sein, 
daß jede Verschiebung des Sarges innerhalb der Umhüllung verhindert wird. 
Die Leiche muß von einer Person begleitet sein, welche eine Fahrkarte zu lösen 
und denselben Zug zu benutzen hat, in dem die Leiche befördert wird. 
Bei der Aufgabe muß der vorschristsmäßige, nach anliegendem Formular (R. G. 
Bl. S. 968) ausgefertigte Leichenpaß beigebracht werden, welchen die Eisenbahn über- 
nimmt und bei Ablieferung der Leiche zurückstellt. Die Behörden, welche zur Aus- 
stellung von Leichenpässen befugt sind, werden besonders bekannt gemacht. Der von 
der zuständigen Behörde ausgefertigte Leichenpaß hat für den ganzen darin bezeichneten 
Transportweg Geltung. Die tarifmäßigen Transportgebühren müssen bei der Aufgabe 
entrichtet werden. Bei Leichentrausporten, welche aus ausländischen Staaten kommen, 
mit welchen eine Vereinbarung wegen wechselseitiger Anerkennung der Leichenpässe 
abgeschlossen ist, genügt die Beibringung eines der Vereinbarung entsprechenden Leichen- 
passes der nach dieser Vereinbarung zuständigen ausländischen Behörde. 
Die Beförderung der Leiche hat in einem besonderen, bedeckt gebauten Güter- 
wagen zu erfolgen. Mehrere Leichen, welche gleichzeitig von dem nämlichen Ab- 
gangsorte nach dem nämlichen Bestimmungsorte aufgegeben werden, können in einem
	        
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