1308 Abschnitt XLI. Vermögen der Kirchengesellschaften.
§. 165. Kirchen, welche, gleich andern Gesellschaften im Staate, den
Schutz desselben bei ihrem Vermögen genießen, sind auch von diesem Vermögen,
so weit ihnen nicht aus besonderen Gesetzen und Verfassungen gewisse Freiheiten
zu statten kommen, zu den Lasten des Staats beizutragen verbunden 5.
§. 166. Sind Kirchengesellschaften, vermöge besonderer Privilegien oder
Verordnungen, von gewissen Lasten in Ansehung ihrer liegenden Gründe frei,
so kann doch diese Befreiung, wofern das Privilegium, oder die Verordnung
es nicht ausdrücklich festsetzt, auf nachher erst erworbene Grundstücke nicht aus-
gedehnt werden.
Gegen die geistlichen Obern.
§. 167. Das Kirchenvermögen steht unter der Aufsicht der geistlichen Obern.
§. 168. Diese find schuldig, für die Unterhaltung und zweckmäßige Ver-
wendung desselben, nach der Verfassung einer jeden Kirchengesellschaft, zu sorgen.
169. Keinem auswärtigen geistlichen Obern soll erlaubt sein, sich irgend
eine Aufsicht oder Direktion über das Vermögen inländischer Kirchen unmittel-
bar anzumaßen.
Kirchengebäude.
170. Kirchen und andere dahin gehörigen Gebäude sind ausschließend
das Eigenthum der Kirchengesellschaft, zu deren Gebrauche sie bestimmt sind.
§. 171. Auch durch Veränderung ihrer Religionsgrundsätze?) verliert eine
Kirchengesellschaft nicht das Eigenthum der ihr gewidmeten Kirchengebäude.
§. 172. Wenn aber die Kirchengesellschaft ganz aufhört: so gilt von diesen
Gebäuden alles das, was von dem Vermögen erloschener Gesellschaften über-
haupt im sechsten Titel S§. 189 sad. verordnet ist.
§. 173. Kirchengebäude, soweit sie zur Feier des Gottesdienstes und zu
gottesdienstlichen Handlungen bestimmt sind, dürfen ohne die Einwilligung der
Gemeinde zu anderen Zweckens) nicht gebraucht werden.
§. 174. Die Kirchengebäude sind von den gemeinen Lasten") des Staates
frei, und genießen alle Vorrechte der dem Staate zustehenden öffentlichen
ebäude.
§. 175. Sie sollen zu keinen Freistätten für Verbrecher dienen, sondern
die weltliche Obrigkeit ist berechtigt, diejenigen, welche sich dahin geflüchtet
haben, herausholen, und ins Gefängniß bringen zu lassen.
Zu Anmerkung 3 auf S. 1307.
H. 14. Okt. 1865 (J. M. Bl. 1866 S. 22) und des O. Trib. 30. Sept. 1864
(Str. Arch. LVI. 215 und 217).
1) Vergl. Komm. Abg. Ges. 14. Juli 1893, §§. 24 g, i, k u. Abs. 4, 34;
Kr. O. §§. 17., 18; Prov. O. S. 107. Wegen der Stempelfreiheit vergl. §. 5
Stempelsteuerges. 31. Juli 1895 (G. S. S. 413); Erbschaftssteuer Ges. 30. Mai
1873 (G. S. S. 129) und 19. Mai 1891 (G. S. S. 72).
2) Wegen der altkatholischen Gemeinden vergl. Ges. 4. Juli 1875 (G. S.
S. 333) SF. 4.
3) Nach §. 15 K. G. und Syn. O. 10. Sept. 1873 hat hierüber der Gemeinde-
Kirchenrath zu entscheiden, nach §. 3, 1 Ges. 20. Juni 1875 der Kirchenvorstand,
Res. 15. Sept. 1848 (M. Bl. S. 296) verbietet Aufforderung von der Kanzel zur
Unterschrift von Petitionen und Adressen, sowie deren Anflegung dazu in der
Sakristei. »
Wer Kirchen zu mufikalischen Zwecken benutzen will, muß zuvor die Be-
scheinigung des betreffenden Pfarrers beibringen, daß der Text der aufzuführenden
Musikstücke nichts für die Kirche anstößiges enthalte, K. O. 31. Juli 1841 (M. Bl.
S. 277). Die Benutzung ev. Kirchen zur Abhaltung politischer Wahlen ist nicht
unbedingt unzulässig, wenn ein anderes geeignetes Lokal nicht vorhanden ist. Doch
ist bei der Wahlversammlung jede der Kirchengemeinde zum Anstoße gereichende
Ungebührlichkeit zu vermeiden, Res. E. O. K. 23. Nov. 1861 Nr. 6540 E. O.
4) Vergl. Anm. zu §. 165 hoc tit.