Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

Abschnitt XLI. Vermögen der Kirchengesellschaften. 1311 
8. 190. Wo der Kirchhof erweislich nicht der Kirchengesellschaft, sondern 
der Stadt- oder Dorfgemeinde gehört, da kann jebes Mitglied der Ge— 
meinde, ohne Unterschied der Religion, auch auf das Begräbnißt) daselbst An- 
spruch machen. 
Geläute. 
§. 191. Das bei einer Kirche befindliche Geläute:) ist in der Regel 
als ein Eigenthum der Kirchengesellschaft daselbst anzusehen. 
§. 192. Wo nach Verträgen oder hergebrachter Observanz, auch eine 
andere Gemeinde oder Religionspartei auf den Gebrauch desselben Anspruch 
machen kann, da kanu dennoch dieser Mitgebrauch während des Gottesdienstes 
der Kirchengesellschaft, welcher die Glocken gehören, nicht verlangt werden. 
Uebriges Vermögen. 
§. 193. Die vom Staate ausdrücklich ausgenommenen Kirchengesellschaften 
sind, auch bei Erwerbung, Verwaltung und Veräußerung ihres Vermögens, 
andern privilegirten Korporationen gleich zu achten, Tit. 6 8§. 70, 71, 72, 
1 sqd. 
§. 194. Keine Kirchengesellschaft kann, ohne ausdrückliche Be- 
willigung des Staats2z), liegende Gründe an sich bringen. 
  
) Ueber Benutzung, Theilung und Verwaltung der Begräbnißplätze für ver- 
schiedene Konfessionen und Feststellung der Begräbniß-Ordnungen vergl. Res. 26. Juli 
1864 (M. Bl. S. 154). Bei neuen Begräbnißplätzen ist der kirchliche Charakter 
thunlichst zu wahren, Res. 22. Febr. 1870 (bei Trusen S. 245). 
Ueber Umfang und Schutz einer Berechtigung auf Beerdigung auf fremdem 
Kirchhofe vergl. die E. O. Trib. in Strieth Arch. LXIII. 184, XLIV. 25. Vergl. 
anch Arch. LI. 428. Jedenfalls ist stets alle Unduldsamkeit zu vermeiden, Res. 
24. Juni 1848 (M. Bl. S. 197). 
:) Die Kirchenglocken sind, wie die Kirche im Allgemeinen Eigenthum der 
kirchlichen Gemeinde, und wenn es in geeigneten Fällen keinem Bedenken unterliegt, 
vielmehr zum Theil in der Nothwendigkeit beruht, ihren Gebrauch für außerkirchliche 
Zwecke zu gestatten, so kann doch die Ertheilung der diesfälligen Erlaubniß von keiner 
anderen als der kirchlichen Behörde ausgehen. Die nächste Instanz hierbei find die 
betr. Pfarrer, gegen deren Entscheidung Abhülfe bei der vorgesetzten kirchlichen Be- 
hörde nachgesucht werden kann, Res. 30. Juni 1842 (M. Bl. S. 263). Gestattet ist 
die Benutzung bei Bibelstunden, Res. 12. Aug 1844 (M. Bl. S. 238); durch Alt- 
lutheraner Res. 24. Juni 1848 (M. Bl. S. 197). 
Wegen des Gebrauches der evangelischen Kirchenglocken zu außerkirchlichen 
Zwecken, z. B. bei Feuersgefahr, behält es bei den herkömmlichen Einrichtungen und 
den der Lokalpolizeibehörde zustehenden Befugnissen sein Bewenden, Res. 1. Okt. 1847 
ad Nr. 24 (M. Bl. S. 280). 
Für die Rheinprovinz bestimmt die loi du 18 germ. X. S. 48: I’évêque se 
Concertera avec le préfet pour règler la manière d’appeller les fidèles au service 
divin par le son de cloches. On ne pourra les sonner pour tonte autre cause, 
sans la permission de la police locale. Vergl. Ges. 14. März 1880 §s. 4 (G. 
S. S. 225) und den Erlaß des Oberpräsidenten der Rheinprovinz 4. Juli 1881, 
betr. den Gebrauch der Kirchenglocken. 
Die Glocken und Uhren der kath. Kirchen sind als Pertinenzien der Kirchenge- 
bäude, bei Infufficienz des Kirchenärars, auf Kosten des Patrons, resp. Zehntherrn 
wieder herzustellen, Erk. O. Trib. 5. Febr. 1861 (Strieth Arch. XXXIX. 352. 
Dasselbe gilt von der Orgel, Erk. O. Trib. 12. März 1858 (Strieth Arch. XXIX. 
219); wegen der Verpflichtung des Fiskns als Patron bei Neuanschaffung von Orgeln 
vergl. Res. 24. Nov. 1841 (M. Bl. S. 323). 
Ueber Bau und Reparaturen von Orgeln vergl. Res. 13. April 1842 (M. Bl. 
S. 191); 3. Okt. 1876 (K. G. u. B. Bl. S. 156); Superrevifion der Anschläge 
für Orgelbauten, Res. 25. Juni 1878 (K. G. und V. Bl. S. 135) und 2. Nov. 
1885 (das. 184). 
3) Jetzt sind maßgebend bezüglich der evangelischen Kirche Art. 24 Nr. 6 Ges. 
3. Juni 1876, Art. 1 Nr. 2, Art. III Nr. 4 Vd. 9. Sept. 1876 und Art. I. 1 
Bd. 30. Jan. 1893 (G. S. S. 10). In Betreff der katholischen Gemeinden §. 2
	        
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