1372 Abschnitt XLI. Kirchl. Ressortverhältnisse der Provinzialbehörden.
5. die Aufrechterhaltung der Kirchenzucht!) innerhalb der durch die be-
stehenden Landesgesetze bestimmten Grenzen;
6. die Ertheilung von Dispensationen in den bisher den Regierungen
nachgelassenen Fällen (Konsist. Instr. vom 23. Okt. 1817, 8. 2 Nr. 10); es
bleibt jedoch den Konsistorten vorbehalten, diese Dispensationsbefugniß, wo sich
ein besonderes Bedürfniß dazu ergiebt, den Superintendenten, unter Genehmi-
gung des Ministers der geistlichen Angelegenheiten, zu delegiren?).
. 2. Bei den, dem landesherrlichen Patronat unterworfenen Kirchen wird
das Ernennungsrecht zu den geistlichen Stellen, sowie zu den Stellen, der im
1 unter 3 erwähnten weltichen Kirchenbedienten, durch die Konsistorien in
aft Unseres ihnen hierdurch ertheilten Auftrages ausgeübt).
§. 3. Den Regierungen verbleibt: «
1. die Regulirung des Interimistikums“) in streitigen Kirchen-, Pfarr= und
Küsterbausachen;
2. [die Aufsicht über die Kirchenbücher ");
3. die Sorge für die Anlegung und Unterhaltung der Kirchhöfe;
4. die Anordnung und Vollstreckung der zur Aufrechterhaltung der äußeren
kirchlichen Ordnung erforderlichen polizeilichen Vorschriften;
5. (die Aufsicht über das Vermögen der dem landesherrlichen Patronat
nicht unterworfenen Kirchen, kirchlichen Stiftungen und Institute, sowie die
Ausübung der landesherrlichen Aufsichts= und Verwaltungsrechte in Ansehung
des Vermögens der dem landesherrlichen Patronat unterworfenen Kirchen,
kirchlichen Stiftungen und Institute?);
— J
1) Ueber die Grenzen des Rechtes zum Gebrauch kirchlicher Straf= und Zucht-
mittel vergl. Ges. 13. Mai 1873 unten S. 1522.
:) So ist beispielsweise den Superintendenten in Schlesien die Befugniß zur
Gestattung von Haustaufen und Privatkonfirmationen ertheilt worden; auch dürfen
die Guperintendenten die Geistlichen ihrer Diszesen zur Annahme von Bormundschaften
ermächtigen, Bd. 12. Febr. 1868 (K. G. u. Bd. Bl. S. 15), Res. 23. Sept. 1876
(ebend. S. 87).
) Die Konsistorien haben vor der Berichterstattung über die Wiederbesetzung er-
ledigter Superintendenturen 2c. die Aeußerung der betreffenden Regierung einzuholen,
Res. 1. Nov. 1845. Eine K. O. 22. Aug. 1847 verpflichtet die Konfistorien, von
der Erledigung einer jeden, mehr als 700 Thlr. eintragenden evangelischen Pfarrstelle
landesherrlichen Patronats dem Kultusmin. Anzeige zu machen, wegen event. Bezeich-
nung eines versorgungsberechtigten Militärgeistlichen. Dem Minister steht aus über-
wiegenden Gründen auch die Befugniß zu, die Besetzung solcher Stellen unmittelbar
au verfügen. Jetzt sind solche Anzeigen von der Erledigung von Pfarrstellen fie-
kalischen Patronats, deren Gesammteinkommen mehr als 3000 Mék. — nicht mehr
2100 Mk. — beträgt (A. E. 23. Mai 1892 mitgetheilt durch Res. Ev. O. K. 14. Juni
1892 C. O. Nr. 4353) dem Ev. O. K. zu erstatten, der sich dann mit dem Mirnister
verbindet, Res. Ev. O. K. 28. Nov. 1868 E. O. Nr. 5059. Diese Anzeigepflicht
bezieht sich nicht auf die Fälle, in denen gemäß Vd. 2. Dez. 1874 (jetzt Ges. 15. März
1886 (K. G. u. Bd. Bl. S. 39) die vereinigten kirchlichen Gemeindeorgane den
Pfarrer wählen, wohl aber auf die Fälle, in denen die Kirchenbebörde berechtigt oder
verpflichtet ist, der Gemeinde drei Kandidaten zur Auswahl vorzuschlagen, Res. O. K.
28. Sept. 1875 E. O. Nr. 3661.
"“) Aufrechterhalten durch Art. 23 Nr. 2 Ges. 3. Juni 1876.
#*) Bom 1. Okt. 1877 ab ist die Aussicht über die Kirchenbücher den Konfistorien
übertragen worden, Res. 10. Sept. 1877 (K. G. und Bd. Bl. S. 172).
") Modiftzirt durch Art. 24 Nr. 6 Ges. 3. Juni 1876.
7) Die kirchenregimentliche Aufsicht über das Vermögen der Kirchen, kirchlichen
Institute und Stiftungen, — und zwar sowohl derjenigen, welche landesherrlichen
Patronats find, als auch derjenigen, welche dem landesberrlichen Patronat nicht unter-
worfen sind, ist auf die Konsistorien übergegangen, jedoch unbeschadet der Be-
stimmungen in Art. 23, 24 und 27 des Ges. vom 3. Juni 1876 und ohne Aenderung
der Zuständigkeiten in den Patronatsverhältnissen selbst (Art. 22), so daß insbesondere
den Regierungen die Ausübung aller die Vermögensverwaltung berührenden Befugnisse
des landesherrlichen Patronats verbleibt, Res. 10. Sept. 1877 (K. G. und Vd. Bl.
S. 172); vergl. Kirchenges. 18. Juli 1892 (K. G. und Vd. Bl. 1893 S. 9).