Full text: Die deutsche und die brandenburgisch-preußische Geschichte. Erster Teil: Die deutsche Geschichte bis zum westfälischen Frieden. (1)

20 Die Verfassung und Verwaltung. 
und über die Römer gebietet. Damit ist die Macht des Königs 
natürlich bedeutend gewachsen. Er wird nicht mehr gewählt, sondern 
sein Amt ist erblich; er bestimmt über Krieg und Frieden, ist oberster 
Kriegs- und Gerichtsherr und leitet die Kirchenangelegenheiten; ja er 
ist persönlicher Eigentümer des Reiches, das er daher bei seinem Tode 
auch teilen darf. Nur das Recht der Gesetzgebung fehlt ihm. Denn 
diese wird durch den König und das Volk in der Weise gemeinsam 
gehandhabt, daß der König die Gesetze mit den Großen des Landes 
berät und die Beschlüsse dem Volke verkündet. Die Volksversammlung, 
März-, später Maifeld genannt, ist nur noch eine Art Kontroll— 
versammlung, die der König ausnahmsweise und nach Belieben über 
politische Angelegenheiten befragt. 
[Zentral= und Bezirksregierung.] Die oberste Regierung 
befindet sich am Hofe des Königs, der von Pfalz zu Pfalz zieht. 
Die Hofbeamten sind zugleich auch die höchsten Reichsbeamten, und 
unter ihnen ragen hervor: der Seneschalk oder Truchseß, der an 
der Spitze des Gefolges steht, der Marschalk, der die Aufsicht über 
den Stall hat und als Heerführer im Kriege dient, der Schatzmeister 
oder Kämmerer, der Schenk, der Referendarius oder Kanzler, der 
für die Ausfertigung der königlichen Urkunden sorgt, endlich der Pfalz- 
graf, der Beisitzer des Königs im Hofgericht ist. Die höchste Würde 
erlangte jedoch der Majordomus, der anfangs nur den königlichen 
Palast in Ordnung zu halten hatte, später aber die Oberleitung 
sämtlicher Hof= und Staatsgeschäfte besitzt. Er wird bald nicht mehr 
von den schwachen Königen, sondern von den Großen des Reiches 
eingesetzt, und zwar hatte jedes der drei Reiche einen besondern 
Majordomus. 
Unmittelbar unter der Zentralregierung am Hofe stehen die 
vom König auf Lebenszeit ernannten absetzbaren Grafen in den 
einzelnen Bezirken oder Gauen; sie üben fast alle königlichen Rechte 
aus. Über 3—12 Gauen steht ein Herzog, ein rein mrlitärischer 
Beamter, dem die Aufsicht über die Aufgebote des Heeres in diesen 
Bezirken zukommt. 
[Gerichts-, Heer= und Finanzwesen.] Es gibt zwei Ge- 
richte, das Hof= und das Volksgericht. Das Hofgericht wird vom 
Könige oder seinem Pfalzgrafen geleitet und darf alle Rechtsfälle an 
sich ziehen; es verhängt allein Reichsacht und Todesstrafe. Das Volks- 
gericht tagt aller 40 Nächte in den Hundertschaften unter dem Vorsitze
	        
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