Karl I. der Große 768—814. 29
[Verwaltung.] Auch die Art der karolingischen Verwaltung
zeigt gegen die frühere Zeit keine wesentlichen Veränderungen. Die
Stelle des Majordomus ist seit Pippin III. nicht wieder besetzt; die
übrigen Hofbeamten, wie der Pfalzgraf und der Erzkanzler, sind
immer noch die obersten Reichsbeamten. Unmittelbar unter der Zentral-
regierung bei Hofe stehen die Grafen in den Gauen; denn Herzöge
gibt es seit Tassilos Absetzung im ganzen Reiche nicht mehr, und die
Grafen sind durchweg absetzbare königliche Beamte. Dagegen besitzen
die Markgrafen, die an den Grenzen des Reiches über mehrere
Gaue gebieten, wegen der ständigen Kriegsgefahr eine größere Militär-
gewalt und Selbständigkeit; zu den wichtigsten Marken gehören die
spanische, die dänische, die sorbische und die avarische. Um die Ver-
waltung möglichst einheitlich zu gestalten und über alle Angelegenheiten
im Reiche genau unterrichtet zu sein, setzte Karl die Königsboten
(missi dominici) ein; diese, immer ein geistlicher und ein weltlicher
Großer, hatten die Grafen und Bischöfe ihrer Sendbezirke jedes Jahr
zu kontrollieren und darüber an den Kaiser zu berichten.
[Gerichts-, Heer= und Finanzwesen.] Das Hofgericht
auf den königlichen Pfalzen und das Volksgericht in den Hundert-
schaften, an denen alle Freien teilzunehmen haben, bestehen fort. Von
dem Volksgerichte zweigte aber Karl das Schöffengericht ab, d. h.
minder wichtige Prozesse werden fortan nur von sieben Schöffen unter
dem Vorsitz eines Schultheiß ohne Zuziehung von anderen Freien
erledigt; damit sollten die ärmeren Freien, denen der Gerichtsdienst
viel Zeit und Kosten verursachte, etwas entlastet werden. Aus dem-
selben Grunde durften jetzt auch 2—12 kleinere Bauern abwechselnd
immer nur einen aus ihrer Mitte zum Heerbanne stellen. Hier-
durch schmolz der Heerbann sehr zusammen, zumal es immer häufiger
vorkam, daß die ärmeren Freien ihr Eigentum aufgaben und es unter
den Schutz eines Großen stellten; das Lehnswesen griff damit stetig
um sich. Die Einnahmen des Reiches gehören, wie früher, dem
Könige; die Ausgaben sind gering, da die Untertanen für alle Leistungen,
wie Straßen= und Brückenbau und Befestigungen, selbst aufkommen.
[Kultur.] Der Ackerbau war immer noch die wichtigste Er-
werbsquelle der Bevölkerung, und Karl selbst war der größte Grund-
besitzer seines Reiches; aber auch der Handel begann sich zu heben,
obwohl der Geldverkehr noch sehr im argen lag. Mit der Aus-
breitung des Christentums und der Gründung von Schulen, die