Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst. 39
Schweden von einer andern Seite her dem Kurfürsten zu schaden.
Sie fielen von Livland aus, das ihnen (seit 1629) gehörte, in
Preußen ein. Aber Friedrich Wilhelm war auch hier bald zur
Stelle, und seine Ankunft allein bewirkte den Rückzug der Feinde.
In eisiger Winterkälte (Anfang 1679) verfolgte er sie mit seiner
Reiterei und den Fußtruppen, die auf Schlitten fortgeschafft
wurden, über das Frische und Kurische Haff bis vor die Mauern
von Riga.
[Friede von St. Germain en Laye 1679.] Trotz dieser
ruhmreichen und kostspieligen Feldzüge gewann Friedrich Wilhelm
an Land so gut wie nichts. Von Holland preisgegeben und von
französischen Truppen in Kleve und Mark bedrängt, gab er 1679
im Frieden zu St. Germain en Laye (bbei Paris) die
pommerschen Eroberungen fast ganz an Schweden zurück. So
blieben ihm nur der Ruhm gewaltiger Kriegstaten und das Ver-
trauen, er werde einst durch seine Nachkommen gerächt werden 1).
Um wenigstens vor seinen übrigen Nachbarn eine Zeitlang Ruhe
zu bekommen, schloß er sogar mit Ludwig (noch 1679) ein enges
Bündnis, zugleich in der Hoffnung, während der Friedensjahre
sein Land zu einem zukünftigen Kampfe gegen den französischen
Übermut fähig zu machen.
Die Ansprüche auf Liegnitz, Brieg, Wohlau 1675. Kaiser
Leopold I. tat am wenigsten, um seine Reichsgenossen gegen die
Ansprüche der beiden Großmächte Frankreich und Schweden in Schutz
zu nehmen. Ihm war im Gegenteil jeder Mißerfolg Friedrich
Wilhelms erwünscht; wie sich einer der kaiserlichen Minister äußerte:
„Es steht Ew. Mgjestät nicht an, daß sich ein neuer König der
Vandalen an der Ostsee erhebe.“ Schon im Jahre der Schlacht bei
Fehrbellin, 1675, hatte er dem Kurfürsten eine bittere Enttäuschung
bereitet. Als damals das piastische Haus der Herzöge von
Liegnitz, Brieg, Wohlau ausstarb und Friedrich Wilhelm,
gestützt auf den Vertrag Joachims II., von diesen Ländern Besitz
zu nehmen gedachte 2), zog sie vielmehr der Kaiser selbst unrecht-
1) Vergil, Aneis IV., 625: Exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor!
2) Der Kurfürst erhob auch Ansprüche auf das schlesische Fürstentum
Jägerndorf, das 1523 von dem Markgrafen Georg von Ansbach gekauft
worden und 1607 an Johann Georg, den zweiten Sohn Joachim Fried-
richs, übergegangen war. Johann Georg wurde nun 1623 als Anhänger des