Friedrich Wilhelm III. 59
trizität erzielt wird. Der Münchener Sömmering erfand
(um 1810) den ersten elektrischen Telegraphen, und Gauß und
Weber in Göttingen stellten 1833 den ersten elektromagnetischen
Telegraphen her. Das erste Kabel, d. i. ein unterseeischer Tele-
graph, wurde 1850 zwischen Dover und Frankreich gelegt. In den
letzten Jahrzehnten hat sich die Elektrizität noch neue Gebiete er-
schlossen in der Telephonie und drahtlosen Telegraphie, zu
Beleuchtungszwecken und zur Erzeugung treibender
Kraft für den Maschinenbetrieb.
Friedrich List F 1846. [Die „produktiven Kräfte“.
Gegenseitigkeit zwischen Landwirtschaft, Gewerbe
und Handel. Bedingter Freihandel.] Das Wirt-
schaftsleben der Kulturvölker konnte von diesen Erscheinungen
nicht unberührt bleiben, und es war ein Tübinger Professor,
Friedrich List, der ihnen die neuen Wege zur Hebung der all-
gemeinen Volkswohlfahrt wies. Er knüpfte an Adam Smith an,
hielt aber nicht wie dieser die alljährliche Arbeit an Tauschgütern für
das Wesen des nationalen Wohlstandes, sondern alle „produk-
tiven Kräfte“, die ein Volk entwickelt, nämlich Religion, Sitt-
lichkeit, Geist, Gesetze, Schulen, Kunst und Wissenschaft, Rechts-
sicherheit und politische Macht. Es komme also weniger darauf an,
daß unmittelbare Werte erzeugt, als darauf, daß materielle, sitt-
liche und geistige Fähigkeiten entwickelt würden, die erst die
wahre Quelle allen Wohlstandes und Reichtums seien. Auch müßten
Landwirtschaft, Gewerbe und Handel einander nicht be-
kämpfen, sondern Hand in Hand miteinander gehen, da sie auf sich
gegenseitig angewiesen seien. Wenn die Landwirtschaft blühe, so
könne sie z. B. viele Maschinen kaufen, und umgekehrt seien blühende
Gewerbe die besten Abnehmer der Landwirtschaft. Der Handel end-
lich müsse den beiden anderen Hauptzweigen der Volkswirtschaft durch
ein erheblich gesteigertes Verkehrswesen, durch Eisenbahnen
und Schiffahrten, zu Hilfe kommen. List hat in der Tat im Anfange
den Bau der meisten Eisenbahnen angeregt. Die Gewerbe eines
Volkes bedürften aber dem Auslande gegenüber so lange eines
Zollschutzes, als bis sie stark genug geworden seien, um den
Wettbewerb zu ertragen. Erst dann könne ein Volk zum Frei-
handel übergehen. Die Schutzzölle verteuerten zwar eine Zeit-
lang die inländischen Gewerbeerzeugnisse, da die billigeren Waren