62 Friedrich Wilhelm III.
Steuerwesen, gewerbliches und geistiges Leben. [Steuer-
wesen und Landwirtschaft.] Nachdem die Zölle innerhalb
der Monarchie, also besonders die Akzisen in den Städten, überall
weggefallen waren und nur noch an den Landesgrenzen erhoben
wurden, erfolgte 1820 auch eine neue Regelung des Steuer-
wesens, wonach für das ganze Staatsgebiet und für städtische und
ländliche Bezirke fortan die gleichen Steuergesetze galten. Der
frühere Gegensatz von Stadt (Akzise) und Land (Kontribution oder
Grundsteuer) hörte nunmehr auf, und für beide kamen indirekte
und direkte Steuern in gleicher Weise zur Anwendung. Zu jenen
gehörten z. B. die Grenzzölle, die Steuern von Branntwein,
Braumalz und Tabakblättern, zu diesen die Grundsteuer, eine mit
dem Einkommen steigende Klassensteuer und die Gewerbesteuer 7).
Die neue Einrichtung bedeutete eine wesentliche Vereinfachung und
Verbesserung gegen frühere Zeiten. Am schlimmsten sah es nach den
schweren Kriegen noch mit der Landwirtschaft aus, aber auch
ihr kamen die Erfindungen der Zeit allmählich zugute. Der Boden
wurde durch Maschinen besser bearbeitet und durch die künstliche
Düngung, die der große Chemiker Justus von Liebig (in
München) gelehrt hatte, ertragreicher gemacht. Branntwein-
brennereien und Zuckerrübenbau erhöhten die Einnahmen der Guts-
besitzer. Landwirtschaftliche und Forstakademien sorgten für eine
gründlichere Bildung der Landwirte.
[Schulwesen und Kunst.] Auch die niederen Schulen, die
Gymnasien und andere höhere Lehranstalten, sowie die Univer-
sitäten und Polytechniken blühten auf, zum großen Teil ein Ver-
dienst des Kultusministers von Altenstein. Die Hochschule in
Berlin wurde, wie schon erwähnt, 1810 gegründet, die von Frank-
furt a. O. 1811 nach Breslau verlegt, die Wittenberger 1815
mit der zu Halle a. S. vereinigt und 1818 eine neue Universität
in Bonn errichtet. Von berühmten Künstlern wirkten in Berlin
namentlich der Baumeister Schinkel, der unter Anlehnung an die
1) Eine weitere Verbesserung der Einkommen= und Gewerbesteuer nahm
dann 1891 Finanzminister v. Miquel vor, der die Selbstangabe (Dekla-
ration) des Einkommens einführte und die niederen und mittleren Einkommen
entlastete. Seine Ergän zungssteuer (1893) traf außerdem auch das Ein-
kommen aus dem Kapitalvermögen. Der Staat beschränkte sich aber seitdem
auf die Perscnalsteuern und überließ die Grund-, Gebäude-, Gewerbe-
und Bergwerkssteuern den Gemeinden.