Full text: Allgemeine Staatslehre

12 Erstes Buch. Einleitende Untersuchungen. 
grenzte Seiten eines Forschungsobjektes ins Auge faßt, auf allen 
Gebieten der Wissenschaft die einzige, welche exakte Resultate 
aufzuweisen hat. 
Allein solche isolierende Betrachtung ist notwendig einseitig, 
weil sie eben zu ihren Zwecken ganze Reihen von Erscheinungen, 
die ihr Objekt darbietet, vernachlässigen muß. Diese Erschei- 
nungen müssen aber wiederum Gegenstand isolierter Forschung 
sein. Teilung der Arbeit ist auch für die Wissenschaft ein 
wichtiges Prinzip, um die Güte der Arbeit zu fördern. 
So wie aber auf ökonomischem Gebiete die Teilung der 
Arbeit notwendig die Zusammenfassung der so erzeugten Arbeits- 
produkte zur Folge hat, so ist es auch für jede Wissenschaft not- 
wendig, die Beziehungen zwischen den einzelnen, isolierten Seiten 
ihres Objektes herzustellen. Nicht nur deshalb, weil jede Wissen- 
schaft nur eine Teilerkenntnis liefert, die als ein Moment der 
Gesamterkenntnis erscheint, sondern auch weil der Hinblick 
auf die Resultate anderer Disziplinen die notwendige Korrektur 
einseitiger und schiefer Resultate ın sich birgt und zugleich den 
Forscher vor dem sich so leicht einstellenden: Fehler bewahrt, 
seine Erkenntnisweise und Ergebnisse für die endgültigen und 
allein richtigen zu halten. 
Namentlich aber bedarf jede Wissenschaft vom menschlichen 
Gemeinleben solcher Ergänzung. Die Naturwissenschaften bilden 
eine aufsteigende Stufienfolge. Die höhere Stufe bedarf zwar der 
niederen, nicht aber diese der höheren. Man kann Mathematik 
ohne Kenntnis der Mechanik, Mechanik ohne Chemie, Chemie 
ohne Biologie treiben, nicht aber umgekehrt. Alle Seiten des 
menschlichen Gemeinlebens hingegen hängen derart miteinander 
zusammen, daß keine Wissenschaft, die einer von ihnen zugewendet 
ist, der Resultate der übrigen ganz entbehren könnte. Und da 
das individuell-geistige Leben des Menschen sowie sein Leib und 
die äußeren Bedingungen seiner Existenz Voraussetzungen jenes 
Gemeinlebens sind, so haben alle Wissensgebiete Beziehungen zu 
der Klasse von Wissenschaften, welche die verwickeltsten Er- 
scheinungen zum Gegenstande ihrer Forschungen macht, den 
Gesellschaftswissenschaften im weiteren Sinne. 
Für die Staatslehre zeigt sich der Zusammenhang mit anderen 
Wissensgebieten sofort in voller Klarheit dadurch, daß sie eine 
Lehre von menschlichen Einrichtungen ist, die sich durch und 
an Menschen betätigen. Gegenstand aller staatlichen Tat sind die
	        
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