Full text: Allgemeine Staatslehre

130 Zweites Buch. Allgemeine Soziallehre des Staates. 
dem griechischen Ausdruck zo xowoö» entsprechend. Italien und 
die Provinzen sind zunächst nur Bundesgenossen und abhängige 
Landschaften der einen Stadt. Volles Bürgerrecht wird nur dem 
in der Stadtgemeinde Aufgenommenen zuteil; der civis Romanus 
ist und bleibt römischer Stadtbürger. Aber aus der Stadt Rom 
wächst der gewaltigste Flächenstaat des Altertums hervor. Diesen 
Übergang vermag die römische Terminologie nur unvollkomnien 
mitzumachen, indem sie die Befehlsgewalt der Regierung mit dem 
römischen Staate identifiziert und so die res publica in das 
Imperium wandelt. Damit wird das wesentlichste Element des 
Staates von den Staatsgenossen in die Staatsgewalt gelegt; die 
res populi wird gleichsam zur res imperantis. 
Neben diesen Bezeichnungen wird wie im Griechischen der 
Name der Völkerschaft für den Staat gebraucht, wie denn auch 
abstrakt populus und gens den Staat bedeuten !!). 
Den Wechsel der staatlichen Verhältnisse in der ger- 
manischen Welt spiegelt die Sprache getreulich wieder. Das 
deutsche ‚Reich‘, dem lateinischen regnum entsprechend, aus 
dem regne, regno, reign entstanden, bedeutet zuvörderst die 
Herrschaft, und zwar die fürstliche?). Dasselbe ist mit den dem 
lateinischen „imperium“ entstammenden Ausdrücken imperio, 
empire der Fall. Eine allgemeine, Monarchien wie Republiken 
umfassende Bezeichnung ist nicht vorhanden, zumal eine der 
  
1) Im späteren Latein findet sich statt respublica das abstraktere 
status reipublicae, so vor allem bei Ulpian 1.1 $2 D. de iust. et iure 1,1. 
Sogar status Romanus in der Bedeutung von römischem Staat findet sich 
schon bei Aurelius Victor de Caesaribus (geschrieben im Jahre 360) 
cap. 24 89: „Romanum statum quasi abrupto praecipitavere“ (nämlich 
die Nachfolger des Alexander Severus), ferner bei Ammianus20,8$11 
zum Jahre 360 in einem Briefe des Caesar Julian an Constantius 
Augustus: „haec statui Romano prodesse“ und auch bei Orosius, 
ed. Zangemeister 1] 5, 9: „trecenti Fabii, vere clarıssima Romani status 
lumina“; Cassıodor ed. Mommsen p. 422,5: „Romanum statum in con- 
finio gentium sub tranquillitate regio in media urbe confundi.“ In diesen 
und anderer Stellen, auf die mich Kar! Zangemeister aufmerksam ge- 
macht hatte, wird aber trotzdem status niemals absolut als Staat schlecht- 
hin bezeichnet. Die Vermutung von H.A.Zachariae 1S.41! (vgl.auch 
Bluntschli Lehre vom modernen Staat I S.24, H.Schulze Ein- 
leitung S. 124), daß „Staat“ aus jener Ulpianschen Stelle subintelligiert 
worden sei, entbehrt daher der Begründung. 
2) Über die Vieldeutigkeit dieses Wortes vgl. Gierke Das Genossen- 
schaftsrecht II S. 570 ff.
	        
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