160 Zweites Buch. Allgemeine Soziallehre des Staates.
stische Person geschieden und jenes als das mögliche Substrat
dieser erkannt!). Ferner hat Haenel den Staat als korporativen
Verband vom Staate als juristischer Persönlichkeit geschieden ?).
‘Die Einheit des korporativen Verbandes ist ıhm besonderer Art.
„Sie besteht nur darin, daß eine Vielheit menschlicher Indivi-
duen geistig auf einen Gesamtzweck bezogen ist, und daß diese
geistige Bezogenheit, die an sich nur die Aussage eines iden-
tischen Willensinhaltes der Beteiligten ist, ihre Realıtät gewinnt
durch die Willensmacht leitender Organe und sich einfügender
Mitglieder.“ Sodann hat Haenel, indem er die reale Einheit
des korporativen Verbandes, seine Eigenschaft als eines realen
Organismus, untersucht, erkannt, daß jenes wanze und jener Or-
ganismus ausschließlich in der Sphäre geistiger, ethisch be-
stimmter Potenzen, nämlich menschlicher Individuen, besteht, die
immer nur psychologisch aufeinander einwirken und sich zu-
sammenschließen können. Diese eigentümliche, durch biologisch-
physiologische Analogien nicht zu erklärende Verbindungsweise
sei nicht minder real als die biologisch-phvysiologische®). Eben-
so wird von Haenel, der die erkenntnistheoretische Seite der
Frage unter den hier in Betracht kommenden Schriftstellern am
eingehendsten erörtert, der Versuch, dıe reale Eınheit auf einen
Gemeingeist oder eine ähnliche Abstraktion zu gründen, als unser
Erkenntnisvermögen übersteigend, zurückgewiesen.
Persönlichkeit beliebig gewähren und versagen kann, so kommt man nach
Gierke dazu, den Staat für eine doppelte Person zu erklären, eine reale
Gesamtperson und eine juristische Person. Diese auf Rechnung der
organischen Lehre zu stellende Unklarheit wird vermieden, wenn man den
erkenntnistheoretisch einzig zulässigen Begriff der Verbandseinheit an
Stelle jener Verbandsperson setzt. Mit Gierke grundsätzlich überein-
stimmend Regelsberger, Pandekten I 1893 S. 289ff., der: aber S. 302
das soziale Substrat der Körperschaft klarer als Personenverein be-
zeichnet. Auch Rehm, Staatslehre S. 159ff., vertritt die Lehre von der
Doppelpersönlichkeit des Staates.
1) Vgl. die vorzüglichen Ausführungen: Kritische Studien über den
Begriff der juristischen Person, Arch. f. öff. Recht V S.242ff. Auch hat
Bernatzik, S.275ff., in trefflicher Weise nachgewiesen, daß alle halt-
baren Elemente der organischen Theorie in der Lehre vom Gemeinwesen
enthalten sind.
2) Staatsrecht I S.S1ff. Der Ausdruck ‚„korporativ“ statt kollektiv
für das nichtjuristische Substrat des Staates ist allerdings irreleitend.
3) A.a.0. S.101, 102. Um so erstaunlicher ist es, daß Haenel in
der Lehre von der juristischen Persönlichkeit des Staates in die alte
Fiktionstheorie zurückfällt; vgl. S. 106 £.