Full text: Allgemeine Staatslehre

178 Zweites Buch. Allgemeine Soziallehre des Staates. 
dieser kausale Vorgang entweder fort oder seine Bedeutung wird 
gemindert, wie letzteres in geringerem Maße auch im normalen 
Laufe der Dinge durch Ein- und Auswanderung geschieht. Die 
dritte Gattung der Einheiten sind die formalen. Bei beharren- 
der Form erscheint uns eine Vielheit selbst bei dem Wechsel 
und Wandel ihrer Teile als ein und dasselbe Objekt. Auch der- 
artige beharrliche formale Elemente bictet der Staat dar. Die 
staatlichen Institutionen weisen in der Regel lange Zeiträume 
hindurch gewisse gleichbleibende Formen auf, durch welche die 
Vorstellung ihrer Einheit im Zeitenwechsel hervorgerufen wird. 
Die Kammern, die Ministerien, die Armee usw. fassen wir kraft 
konstanter oder nur allmählich sich umbildender Form als Ein- 
heiten in ihren historischen Wandlungen auf. So feiern Universi- 
täten, Schulen, Regimenter ihre mehrhundertjährigen Jubiläen, 
weil gewisse formale Elemente in ihnen in dem Wechsel ihrer 
Organisation, Bestimmung, Zusammensetzung ausgeprägt bleiben. 
Aber die Kategorie der formalen Einheit genügt für’ sich noch 
nicht, um die Mannigfaltigkeit der staatlichen Verhältnisse zu 
ordnen. 
Es gibt endlich teleologische Einheiten. Eine durch 
dauernde Zwecke miteinander verbundene Vielheit erscheint uns 
notwendig als Einheit, und zwar ıst die Einheit für unser Be- 
wußtsein um so schärfer ausgeprägt, je zahlreicher und stärker 
wirkend die einigenden Zwecke sind. Auf teleologischer Einheit 
in der Natur beruht für unser Denken die Gesamtheit der bio- 
logischen Prozesse, die wir unter dem Namen des Organismus 
zusammenfassen. Auf teleologischer Einheit in der sozialen Welt 
ruhen für uns Ordnung und Beurteilung unserer Handlungen, der 
geistige und wiırtschaftliche Verkehr, .die Individualisierung der 
von uns geschaffenen und für uns bestimmten Sachen derart, 
daß der Zweck als das principium individuationis für alle 
menschlichen Dinge betrachtet werden kann. Durch Anwendung 
der Zweckkategorie heben wir wertvolle Handlungen von gleich- 
gültigen ab, ‚verbinden eine Zahl einzelner Akte zu einer Ein- 
heit: Rechtsgeschäfte und Delikte werden so durch teleologische 
Betrachtung zu Einheiten verdichtet; durch den Zweck verbinden 
wir selbst eine Vielheit räumlich getrennter Dinge zur Einheit 
der Sache im Rechtssinne; durch den Zweck teilen wir die 
fließende Reihe unserer Beschäftigungen, die ununterbrochene 
Folge unserer Taten in mannigfaltige Einheiten ab, die unter
	        
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